Die klagende Partei begehrt mit der am 08.01.1997 bei Gericht eingelangten Klage den Zuspruch von ATS 490.944,‑ samt 12 % Zinsen seit 13.06.1996 und brachte hiezu vor, sie habe mit der beklagten Partei am 10.4.1996 einen Kaufvertrag (Vertrag Nr. 85.049/96) über 405 t Polystyrene zu einem Preis von DM 1.560,‑ /t (Gesamtkaufpreis DM 631.800,‑) abgeschlossen. Eine Vorauszahlung von DM 69.147,‑ (=S 490.944,‑) habe sie am 10.4.1996 an die beklagte Partei geleistet. Mangels Freigabe der Ware durch die beklagte Partei sei der Kaufvertrag einvernehmlich storniert worden. Die beklagte Partei weigere sich, die Vorauszahlung wieder rückzuüberweisen, weil sie eine Gegenforderung aus einem früheren Vertrag einwende. Eine Gegenforderung bestehe aber nicht, sodaß die beklagte Partei um die Vorauszahlung bereichert sei. Es werde die Rückzahlung begehrt. Als zuständig betrachte man das Landesgericht Wels.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren. Eine internationale Zuständigkeit des Landsgerichtes Wels in diesem Streitfall liege nicht vor, die Klage sei daher zurückzuweisen. Als Eventualvorbringen im Fall einer Zuständigkeit des Landesgerichtes Wels werde eine Aufrechnung geltend gemacht. Aus einer anderen Vertragsbeziehung der Streitparteien hätte die klagende Partei einen Restbetrag von US$ 62.500,‑ zu Unrecht nicht bezahlt. Die Vorauszahlung von DM 69.147,‑ sei nach Stornierung des neuen Vertrages gegen die alte Forderung aufgerechnet worden. Auch nach dieser Aufrechnung verbleibe ein offener Rest von US$ 15.173,‑. Die Klage sei daher im Falle einer Zuständigkeit des Landesgerichtes Wels kostenpflichtig abzuweisen.
In der Folge wurde die Klage mit Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 13.5.1997 mangels internationaler Zuständigkeit dieses Gerichtes zurückgewiesen. Einem Rekurs der klagenden Partei gab das Oberlandesgericht Linz statt. Zwar wurden nicht die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (mit Gerichtsstand Wels) Vertragsbestandteil, doch ergebe die internationale Zuständigkeitsprüfung letztlich die Zuständigkeit österreichischer Gerichte. Dieser Rechtsmeinung schloß sich auch der von der beklagten Partei mittels außerordentlichem Revisionsrekurs angerufene Oberste Gerichtshof an.
In einem Schriftsatz (ON 21) präzisierte die klagende Partei das Fehlen eines Aufrechnungsrechts der beklagten Partei. Die beklagte Partei habe im früheren Vertrag die für den Grenzübertritt in einen EU-Staat nötigen sog. EUR 1-Dokumente nicht vollständig vorgelegt. Es entstanden der klagenden Partei dadurch erhebliche Zoll- und sonstige Nebenkosten. Insgesamt sei der klagenden Partei ein Schaden von ATS 656.494,‑ entstanden. Die US$ 62.500,‑ habe man deshalb zu Recht nicht bezahlt. Die beklagte Partei habe daher kein Recht, die Vorauszahlung des stornierten neuen Vertrages von DM 69.147,‑ (umgerechnet ATS 490.944,‑) zurückzuhalten.
Die beklagte Partei bestritt in ihrer Replik (ON 23) die geltend gemachten Schäden der Klägerin. Sie hätte die EUR 1-Dokumente, wenn auch mit Verspätung, vorgelegt. Für die Schäden fehle es an Beweisen.
In einem weiteren vorbereitenden Schriftsatz (ON 26) behauptete die beklagte Partei dann erstmals den einseitigen Vertragsrücktritt vom Vertrag Nr. 85.049/96 durch die Klägerin, der im massiven Preisverfall von Polystyrenen und nicht in der Lieferverweigerung der Beklagten seinen Grund gehabt hätte. Die Ware hätte anderweitig zu ungünstigeren Bedingungen verkauft werden müssen. Erstmalig machte die beklagte Partei daraus einen Schaden in Höhe von US$ 73.133,58 geltend. Die klagende Partei bestritt im Schriftsatz ON 27 den einseitigen Vertragrücktritt. Der fast drei Jahre nach Vertragsschluß erstmals geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei überraschend und diene nur der Prozeßverschleppung.
In der mündlichen Streitverhandlung vom 29.1.1999 stellte die Beklagte dann die Aufrechnung der US$ 62.500,‑ wegen der verspäteten Vorlage der EUR 1-Dokumente außer Streit und verzichtet auf die unter ON 2 gestellte Restforderung. Die klagende Partei beantragte auf diese Außerstreitstellung hin die Kostenseparation des bisherigen Verfahrensaufwandes.
Beweis wurde erhoben durch Vernehmung der Zeugen Brunhilde B. (AS 35 und AS 230), Peter M. (AS 227) und Carl L. (AS 247), der Parteien Patrick Be. (AS 249) und Mario B. (AS 37 und AS 253) sowie durch Einsicht in die Beilagen ./A – ./Z, ./AA – ./NN und ./1 – ./57 wonach folgender Sachverhalt feststeht:
Die Streitparteien hatten vor der Errichtung von Vertrag Nr. 85.049/96 bereits mehrmals geschäftlichen Kontakt. Die Errichtung des streitgegenständlichen Vertrages erfolgte mit 13.3.1996 (Beilage ./2 in englischer Sprache). Vertragsbestandteil war der Kauf von 400 t Polystyrenen verschiedener Sorten durch die Klägerin. Die Beklagte ihrerseits hatte sich mit dieser Ware vorher bei der Schweizer F. AG eingedeckt. Die Menge durfte von den vereinbarten 400 t um bis zu 5 % nach oben oder unten abweichen. Als Preis wurden DM 1.560,‑ /t festgesetzt. Die Verkäuferin (beklagte Partei) hatte das vertragliche Recht, die Mischung der Sorten nach ihrem Belieben vorzunehmen. Als Zahlungsbedingung wurde „prepayment“, also Vorauszahlung festgelegt. Die Lieferung wurde für März 1996 anberaumt, wobei der Verkäufer dem Käufer die endgültige Sortenwahl bis spätestens 18.3.1996 mitteilen mußte. Die Versendung der Vertragsurkunde erfolgte von der beklagten Partei an die Klägerin mittels Fax. Ausdrücklich verwies die Beklagte auch im Fax darauf, daß dieses Schriftstück der endgültige Vertrag sein soll und keine weiteren Schriftstücke mehr nachfolgen werden. Gegen den gefaxten Vertragstext erhob die klagende Partei keine Einwände.
Am 10.4.1996 wurde von der klagenden Partei eine Vorauszahlung für eine Teillieferung von 45 t in Höhe von DM 69.147,‑ geleistet. Dieser Betrag versteht sich abzüglich von 1,5 % Skonto. Die Abholungen sollten laut einem mündlichen Abholprogramm, das die Klägerin der Beklagten mitgeteilt hatte, in Teilen erfolgen. Am selben Tag schickte die Klägerin auch zwei LKW zum Werk der Erzeugerfirma I. P. nach Zagreb, um die ersten 45 t der dort lagernden Polystyrene abzuholen. Es war geplant, nun täglich zwei bis vier Ladungen auf LKW oder per Bahn abzuholen (Beilage ./II). Bezüglich des Abholzeitraumes erst ab Mitte April 1996 gab es trotz der vereinbarten Abholung im März 1996 keine Beanstandung. Die Rechnung über letztlich 405 t Polystyrene zum Gesamtpreis von DM 631.800,‑ legte die beklagte Partei am 11.4.1996. Als Zahlungsbedingung scheint wiederum die Vorauszahlungspflicht auf.
Der Vertreter der Beklagten, Patrick Be., war mit der Vorauszahlung der Teillieferung alleine nicht einverstanden. Obwohl es nach den Angaben beider Parteien der erste Vertrag mit einer Pflicht zur vollen Vorauszahlung war, bestand Patrick Be. auf dieser Verpflichtung der Klägerin. Zumindest der vorige Vertrag war durch ein „Letter of Credit“ finanziell besichert, was auch Teilvorauszahlungen problemlos ermöglichte. Eine gängige Praxis von Vorauszahlungen der Teillieferungen, wie von der Klägerseite behauptet, läßt sich allerdings nicht feststellen. Patrick Be. auf Beklagtenseite und Brunhilde B., die Gattin des Geschäftsführers der Klägerin, hatten bezüglich der strittigen Teilzahlung telefonischen Kontakt. Der telefonische Kontakt wurde hergestellt, nachdem mangels voller Vorauszahlung der Polystyrene die LKW in Zagreb nicht beladen wurden. Eine Einigung konnte im Telefonat nicht erzielt werden. Patrick Be. war nicht bereit, ohne volle Vorauszahlung des Kaufpreises die Ware freizugeben. Der Vertrag wurde in der Folge von den Parteien als faktisch aufgelöst betrachtet. Es wurde allerdings von keiner Seite eine Nachfrist gesetzt oder ein ausdrücklicher Rücktritt erklärt.
Die Beklagte hielt den vorausgezahlten Betrag der Klägerin zurück, weil sie damit die vermeintlich noch bestehende Forderung gegen die Klägerin aus einem früheren Kaufvertrag zum Erlöschen bringen wollte. Die Klägerin bemühte sich intensiv um die Rückerstattung ihrer Vorauszahlung und konnte dem Standpunkt der beklagten Partei nichts abgewinnen (Beilage ./C und ./D). Die Beklagte führte in der Folge einen Deckungsverkauf der 405 t Polystyrene an Unternehmen in Italien durch. Die Ware wurde mittels LKW von Zagreb nach Triest gebracht und dort vorläufig eingelagert. Für die Beklagte fielen dabei Lager- und Transportkosten an. An Frachtkosten von Zagreb zum Lager nach Triest fielen gesamt LIT 16.192.500,‑ (= 17 Transporte zu je 22,5 t à LIT 952.500,‑) an. Bis auf eine Teillieferung von 67,5 t (Beilage ./19; entspricht 3 Transporten à 22,5 t zu je LIT 952.500,‑) wurde FCA Triest (Kostenübergang in Triest) vereinbart. Die 67,5 t wurden FCA Zagreb verkauft. Die Lager- und Umladekosten betrugen insgesamt LIT 14.922.000,‑, wobei auf die erwähnten 67,5 t FCA Zagreb (gern § 273 ZPO) LIT 2.633.294 entfielen (= Gesamtkosten von LIT 14.922.000,‑ für 382,5 t; durchschnittliche Lagerkosten daher für 1 t = LIT 39.011,764 und für 67,5 t daher LIT 2.633.294). Aus den Verkäufen an den italienischen Abnehmer konnte ein Gesamterlös von LIT 640.377.500,‑ erzielt werden.
Beweiswürdigung:
Die Klägerin brachte im Schriftsatz ON 21 vor, die Beklagte hätte von Anfang an nicht die Absicht gehabt, den Vertrag Nr. 85.049/96 auch einzuhalten. Sie wollte nur in den Besitz des Klagsbetrages kommen. Dieses Vorbringen wird von der Beklagten im Schriftsatz ON 23 bestritten. Für ein listiges Herauslocken von Geld seitens der Beklagten, vielleicht zum Zweck der Aufrechnung, gibt es auch tatsächlich keinen eindeutigen Beweis. Der Behauptung listigen Verhaltens der Beklagten kann daher nicht gefolgt werden.
Die näheren Umstände der Nichterfüllung des Vertrages stehen in Streit: Anfänglich gehen beide Seiten von einer einvernehmlichen Stornierung von Vertrag Nr. 85.049/96 aus, weil die Beklagte die Ware nicht freigestellt hätte. Im Schriftsatz ON 23 behauptet dann die Beklagte erstmals, sie hätte die Auslieferung nicht verweigert (in der Verhandlung gegenteilige Aussage), dennoch sei der Vertrag einvernehmlich aufgelöst worden. Im Schriftsatz ON 26 ändert dann die Beklagte ihr Vorbringen grundlegend, und stellt eine einvernehmliche Vertragsauflösung in Abrede. Vielmehr sei die Klägerin von Vertrag Nr. 85.049/96 einseitig zurückgetreten. Der wahre Grund des Rücktritts sei nicht die Lieferverweigerung der Beklagten sondern der massive Preisverfall von Polystyrenen im Frühjahr 1996 gewesen. Die Beklagte hingegen hätte keinerlei Grund gehabt, die Auslieferung zu verweigern. Da man die 405 t schon von der F. AG gekauft hatte, wäre man zu einer Lieferung jederzeit fähig gewesen. Die Ausfolgung der Ware sei daran gescheitert, daß die Klägerin nur zwei LKW-Ladungen aus Zagreb holen wollte und an der Erfüllung des Gesamtvertrages kein Interesse mehr zeigte. Die Beklagte hätte aber auf voller Vertragserfüllung bestanden. Dazu ist festzuhalten: Unstrittig ist nur, daß zwei von der Klägerin nach Zagreb geschickte LKW bei der Fa. I. P. nicht beladen wurden. Dies geschah höchstwahrscheinlich am 11.4.1996, vielleicht auch erst einen Tag später. Nach glaubhafter Aussage von Brunhilde B. und Patrick Be. hatte es eine Verpflichtung zur vollen Vorauszahlung des Kaufpreises nämlich bei den bisherigen Geschäften nicht gegeben. Die Klägerin vertrat auch beim aktuellen Kaufvertrag stets die Ansicht, nur zur Vorauszahlung der jeweiligen Teillieferung verpflichtet zu sein. Als Vertrag ist Beilage ./2, datiert mit 13.3.1996, zu sehen. Bei den Zahlungskonditionen ist „prepayment“, auf Deutsch übersetzt, „Vorauszahlung“ vereinbart. Da nicht aufscheint, für wieviel Ware vorauszuzahlen ist, muß nach dem objektiven Erklärungswert und dem dem Empfänger erkennbaren Willen des Anbietenden davon ausgehen, daß damit nur die Gesamtmenge gemeint sein konnte. Gegenteiliges hätte die Klägerin nicht nur behaupten sondern auch beweisen müssen. Aus den von der Klägerin zur Untermauerung ihres Standpunktes vorgelegten Beilagen ./GG und ./HH geht nur hervor, daß die Beklagte beim letzten Kaufvertrag die Rechnungen nach Teilmengen gestellt hat. Rückschlüsse auf die Vorgangsweise beim streitgegenständlichen Vertrag lassen sich damit aber nicht ziehen. Es gibt keinen Hinweis, daß Beilage ./2 die Klägerin nicht erreicht hätte oder beanstandet worden wäre (beides auch unstrittig). Vielmehr wurde aufgrund des Vertragsschlusses die Spezifikation vorgenommen. An der Annahme von Beilage ./2 durch die Klägerin besteht daher kein Zweifel. Die offenbare Spezifikation durch die Klägerin (Beilage ./DD) ist indes erstaunlich, da der Kaufvertrag dieses Recht dem Verkäufer einräumt. Tatsächlich dürfte man aber bei der Sortenwahl einvernehmlich vorgegangen sein (AS 246, 250), indem die Beklagte der Klägerin die verfügbaren Mengen bekanntgab und die Klägerin daraus auswählen durfte. Die Spezifikation der Klägerin (Beilage ./DD) wurde zum Teil auch zusätzlicher Vertragsbestandteil, weil die Beklagte zur Bestätigung ein Fax (Beilage ./FF) geschickt hatte. Die Aussage von Patrick Be., Beilage ./DD nicht zu kennen, läßt sich nicht nachvollziehen. Kein Vertragsbestandteil, weil mit Beilage ./FF von der Beklagten abgelehnt, wurde das Begehren der Klägerin nach zwei Teillieferungen aus einem früheren, noch nicht ganz erfüllten Vertrag. Ob und warum dieser frühere Vertrag mit günstigeren Konditionen für die Klägerin tatsächlich nicht voll erfüllt wurde, läßt sich nicht klären.
Als Grund für die Nichterfüllung des Vertrages durch die Klägerin nennt die Beklagte auch den Preisverfall, während die Klägerin konträr von steigenden Preisen spricht. Die Preisentwicklung der gekauften Polysytrene (sog. Hips) wird wöchentlich in den Platts (Beilage ./BB) veröffentlicht. Die Marktpreise darin dürften aber nicht ganz auf dem aktuellen Stand sein und auch geringfügig besser als in der Realität dargestellt werden. Man kann am ehesten von einem Zeitverzug von etwa zwei Wochen ausgehen. Einem behaupteten Zeitverzug bis zu acht Wochen kann wegen der wöchentlichen Veröffentlichung nicht gefolgt werden. Für Preisverhandlungen wird man sich mangels Aktualität der Platts an den aktuellen Marktpreisen orientieren, während die Platts zu statistischen Zwecken der längerfristigen Marktentwicklung und als Indexmesser bei langfristigen Verträgen sehr gut geeignet sind (ON 31). Die Platts können daher im Streitfall zu Beweiszwecken durchaus verwendet werden. Interessant ist vor allem die Preisentwicklung um den Zeitpunkt der Abholung der Ware am 11. oder 12. April 1996. Bedeutsam erscheinen vor allem die Preise in DM und in ital. Lira, weil in DM fakturiert wurde und in Lira der Ersatzverkauf in Rechnung gestellt wurde. Insgesamt ist der Preis in den wöchentlichen Platts vom 14. März 1996 bis 23. Mai 1996 relativ stabil. Als Höchstpreise werden stets 1,85 DM/ kg angegeben. Die Mindestpreise steigen von 1,65 DM auf 1,75 DM. Der Mittelwert der Preise verändert sich im gesamten Zeitraum damit um weniger als 5 %. Nicht einmal bei längerfristigen Verträgen mit Indexklauseln hätte sich damit wohl der Bezugspreis verändert (AS 231). Ganz ähnlich ist die Preisentwicklung in italienischer Lira.
Andererseits informiert Beilage ./55 (ebenfalls den Platts entnommen) von einem starken Preisverfall in Deutschland und Frankreich. Die im erläuternden Text genannten Preise stimmen dabei aber mit jenen in der Tabelle nicht überein. Diese Meldung ist mit 5. Juni 1996 datiert und erfolgt damit fast 2 Monate nach der geplanten ersten Abholung der Polystyrene. Für die fragliche Zeit hat Beilage ./55 somit keinen Beweiswert. Zusammenfassend ist von einer unbedeutenden Preissteigerung im fraglichen Zeitraum auszugehen. Es gab damit für keine der Vertragsparteien einen Grund, wegen der Preisentwicklung vertragsbrüchig zu werden – sieht man von Erwartungshaltungen ab. Der Darstellung der Beklagten, die Klägerin wollte grundsätzlich nur 45 t der Lieferung abholen und die Restmenge stornieren, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin hatte ihrerseits schon vor der geplanten Abholung der Ware in Zagreb Polystyrene weiterverkauft (Beilage ./EE). Die verkaufte Menge von 450 t stimmt dabei mit der Bestellung laut Beilage ./DD überein. Hinsichtlich der Qualitäten gibt es aber geringfügige Abweichungen. Die Klägerin erklärt das damit, daß man sich mit der Beklagten nachträglich auf andere Mengen geeinigt hätte und Beilage ./EE auch die endgültigen Mengen des Vertrages Nr. 85.049/96 und des Restes aus einem noch offenen, früheren Vertrag, enthalte. Dabei handelt es zwar um ein Wunschdenken der Klägerin (Konsens gab es nur über die Abholung von 405 t; Beilagen ./DD und ./FF), doch scheint damit erwiesen, daß die Klägerin exakt jene Menge verkauft hat, die sie abholen wollte. Auch der Weiterverkauf der Ware durch die Klägerin ist damit ein starkes Argument für ihren zumindest zum Abholzeitpunkt der Ware noch bestehenden Willen, Vertrag Nr. 85.049/96 mit der Beklagten zu erfüllen.
Die Klägerin brachte vor, die Beklagte hätte deshalb nicht geliefert, weil sie zum fraglichen Zeitpunkt mangels verfügbarer Ware gar nicht hätte liefern können (AS 231). Dazu ist zu bemerken, daß der Verkauf der 405 t Polystyrene tatsächlich über mehrere Stationen erfolgt ist. Erzeuger der Ware dürfte die Fa. I. P. in Zagreb gewesen sein, von der die Ware auch abgeholt werden sollte. Als Verkäufer an die Beklagte trat aber die F. AG (ein Schweizer Unternehmen) auf. Diese konnte der Beklagten am 4. März 1996 400 t Polystyrene, hauptsächlich „Flips“ anbieten. Am 6. März 1996 wurde ein Verkauf über 405 t bestätigt (Beilagen ./17 und ./18). Die Aufgliederung nach Warenklassen oblag der Beklagten. Damit erscheint ausreichend erwiesen, daß die Beklagte am 11. bzw. 12. April 1996 für die Klägerin die Ware vorrätig hatte. Die Buchhaltungsunterlage (Beilage ./52) mit Verbuchung von 405 t am 22.4.1996 läßt keinen Schluß auf eine erstmalige Verfügbarkeit der Ware durch die Beklagte zu diesem Zeitpunkt zu. Die gekauften 405 t entsprachen aber genau jener Menge, die an die Klägerin weitergegeben werden sollten.
Die Fa. I. P. in Zagreb dürfte in der Folge auf rasche Abholung der 405 t Polystyrene gedrängt haben. Zwischen dem Kaufvertragsabschluß der Beklagten mit der F. AG und der Bekanntgabe der Abholdaten der Klägerin im Rahmen des Kaufvertrages zwischen ihr und der Beklagten am 4.4.1996 (Beilage ./II) liegt immerhin ein Monat. Das Fax der Klägerin (Beilage ./II) deutet darauf hin, daß die Beklagte sich zuerst mit der schriftlichen Bestätigung der Typen und Preise gegenüber der Klägerin viel Zeit ließ und plötzlich nach eigener Säumnis zur Eile bei der Abholung drängte. Die große Eile hatte ihren Grund darin, daß die Beklagte befürchtete, die Fa. I. in Zagreb würde wegen der offenbaren Säumnis bei der Abholung die Ware nicht mehr länger lagern sondern anderweitig vergeben. Das läßt sich aus der Bitte der Beklagten an die F. AG ableiten, die Kroaten ruhig zu halten (Beilage ./54). Die Angabe der Beklagten in diesem Fax an die F. AG, deren Kunden (die Klägerin) wären säumig, ist bei Beachtung von Beilage ./II eher eine Schutzbehauptung. Auch hatte die Beklagte der Klägerin erst nachträglich mitgeteilt, daß für sie Österreich und Ungarn als Bestimmungsland der Ware wegen der offenbar unklaren Gesetzeslage nicht akzeptiert wurden (Beilage ./54).
Als bei der Firma I. mangels voller Vorauszahlung des Kaufpreises die Ware nicht abgeholt werden konnte, urgierte Brunhilde B. telefonisch bei Patrick Be., dem Vertreter der Beklagten. Eine Einigung konnte bei diesem Telefonat nicht erzielt werden. Be. verweigerte die Herausgabe der Ware, wenn nicht voll vorausgezahlt werden würde. Es ist aber unwahrscheinlich, daß eine der Parteien eine Nachfrist gesetzt hat. Eine Nachfrist wäre für die Beklagte problematisch gewesen, weil das eine weitere Verzögerung der Abholung bei der Ware bedeutet hätte und die Firma I. offenbar die verkauften Polystyrene ehestens loswerden wollte. Damit gibt es auch eine Erklärung für die spätere Einlagerung der Ware in Triest. Auch die Klägerin kann keine Nachfristsetzung nachweisen. Durch das Verlangen der Beklagten nach voller Vorauszahlung des Kaufpreises dürfte die Klägerin endgültig das Vertrauen in ihren Vertragspartner verloren haben. Mit der Beklagten hatte die Klägerin schon bei einem früheren Kaufvertrag große Schwierigkeiten (Beilagen ./G – ./L). Daß die damalige rechtzeitige Bereitstellung der EUR 1-Dokumente durch die Beklagte von großer Wichtigkeit war, erkennt man an den häufigen eindringlichen Urgenzen der Klägerin und an dem Umstand, daß die Gattin des Geschäftsführers sogar von ihrem damaligen Urlaubsort in der Dominikanischen Republik ein Fax an die Beklagte geschickt hatte (Beilage ./K). Weiters bestand zum Zeitpunkt der Abholung der Ware in Zagreb zusätzlich Streit, ob zwei Lieferungen aus einem früheren Vertrag noch abgeholt werden durften. Aufgrund dieser Sachlage ist anzunehmen, daß nun nicht nur die Beklagte sondern auch die Klägerin an einer raschen Beendigung des Vertragsverhältnisses interessiert war und deshalb keine Nachfrist mehr gesetzt wurde. Das Begehren der Klägerin nach Teilfakturierung (Beilage ./MM) gibt aber keine Aufschlüsse über deren Erfüllungswillen. Man kann weder eine Stornierung noch ein Verlangen nach Erfüllung ableiten.
Über eine ausdrückliche Stornierung gibt es allerdings keinen Schriftverkehr, weshalb das Vorliegen von Rücktrittserklärungen bei beiden Parteien nicht festgestellt werden konnte. Es scheint vielmehr so gewesen zu sein, daß nach Mitteilung der konträren Standpunkte, der Kontakt zwischen den Parteien vorläufig abbrach (AS 253). Man ging vorerst von einer einvernehmlichen Stornierung des Kaufvertrages aus.
In Streit steht auch, ob die in Italien verkauften Polystyrene jene sind, die die Klägerin hätte erhalten sollen. Aus den Transportrechnungen (Beilagen ./27 bis ./43), die alle Anfang Mai 1996 ausgestellt wurden, ergibt sich eine Verbringung von 382,5 t Polystyrene in ein Lager nach Triest. Abgerechnet wurden jeweils Partien zu 22,5 t. Um auf eine Menge von 405 t zu kommen, müßte es genau eine Lieferung mehr gegeben haben. Allerdings stimmen die Sorten mit der Spezifikation von 405 t nach Beilage ./DD weitgehend überein. Nur bei Hips 485 gibt es eine Fehlmenge von 22,5 t. Trotz dieser fehlenden Lieferung läßt sich der Schluß ziehen, daß es sich bei den transportierten Polystyrenen um jene Ware gehandelt hat, die ursprünglich die Klägerin erhalten sollte. Bis auf die Lieferung von 67,5 t, bei denen FCA Zagreb vereinbart war, fallen die Transportkosten der Beklagten zur Last (FCA Triest). 67,5 t entsprechen dabei genau drei Lieferungen zu 22,5 t, die jeweils gleich teuer waren.
In den Lagerrechnungen werden jeweils Lieferungen von 23,4 t Hips verzeichnet. Der Grund für die Gewichtsabweichung zu 22,5 t ist nicht klärbar, eine Abwaage samt Containern ist Spekulation. Insgesamt ergibt sich ein Gewicht von 397,8 t. Abzüglich der Gewichtsabweichung von 17 x 0,9 t verbleibt ein Gewicht von 382,5 t, was genau der angelieferten Menge entspricht. Wie beim Transport fehlt auch bei der Lagerung eine Lieferung von 22,5 t von Hips 485 auf die Menge von 405 t. Damit ist die Identität von angelieferter und gelagerter Menge ausreichend bewiesen. Dem Abnehmer in Italien wurden allerdings 405 t verrechnet, wobei auf die Sorten Hips 457, Hips 472 und Hips 485 jeweils 135 t entfallen. Diese Menge entspricht genau der Spezifikation der Klägerin im Erstvertrag (Beilage ./DD). Damit ist aber mit der nötigen Sicherheit der Nachweis erbracht, daß der italienische Abnehmer genau jene Ware erhalten hat, die ursprünglich für die Klägerin gedacht war. Ob der italienische Abnehmer auch die nicht in den Lager- und Frachtrechnungen verzeichneten 22,5 t Hips 485 erhalten hat, ist nicht feststellbar.
Abzüglich der Kosten für drei Lieferungen (FCA Zagreb) hatte die Beklagte Frachtkosten von LIT 13.335.000,‑ (= Gesamtkosten von LIT 16.192.500,‑ abzüglich von 3 Transporten à 22,5 t FCA Zagreb zu je LIT 952.500,‑) zu tragen. Die Lagerkosten für die einzelnen Mengen waren jeweils unterschiedlich. Welche Kosten die 67,5 t verursachten, bei denen FCA Zagreb vereinbart war, läßt sich nicht exakt klären. Gleichmäßig reduziert, hatte die Beklagte Lagerkosten (ohne FCA Zagreb) in Höhe von LIT 12.288.706,‑ (= Gesamtkosten von LIT 14.922.000,‑ für 382,5 t; durchschnittliche Lagerkosten daher für 1 t = LIT 39.011,764 und für 67,5 t daher LIT 2.633.294) zu tragen. Insgesamt fallen damit auf die Beklagte Kosten in Höhe von LIT 25.623.706,‑. Der um die Kosten verminderte Erlös beträgt LIT 614.753.794,‑. Da ein Mindererlös aus einem Deckungsgeschäft erst 1999 behauptet wurde, empfiehlt sich eine Umrechnung von LIT 614.753.794,‑ in Schilling zum heutigen (wegen des EUR) stabilen Devisenmittelkurs von 0,7107. Es ergibt sich ein Erlös aus dem Deckungsverkauf in Höhe von ATS 4.369.055,‑. Der Erlös aus dem ursprünglichen Geschäft (DM 631.800,‑) hätte zum aktuellen Devisenmittelkurs von 703,553 einen Betrag von ATS 4.445.048,‑ ergeben. Der Mindererlös aus dem Deckungsverkauf beträgt nach dieser Berechnung ATS 75.993,‑. Davon die Hälfte macht ATS 37.996,50.
Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Beklagten ist nicht beweisbar. Die Angaben des Patrick Be., Italien sei ein guter Absatzmarkt gewesen, sind nicht widerlegbar. Die Notwendigkeit einer Zwischenlagerung in Italien (Triest) läßt sich nicht widerlegen. Die Beilagen ./CC der Klägerin über angeblich billigere Lagermöglichkeiten sind nicht brauchbar, da entweder Kosten pro Palette verzeichnet sind oder der fremdsprachige Text nicht übersetzt ist. Man kann der Beklagten nicht unterstellen, unnötige Aufwendungen zur Durchführung des Deckungsverkaufes getätigt zu haben, da weiters auch nicht beweisbar ist, daß die Vereinbarung von FCA Triest (höhere Kosten für den Beklagten) unnötig war. Für die Schadensberechnung ist auch unerheblich, daß die Geschäfte der beklagten Partei stets in Dollar verbucht werden. Eine Führung der Buchhaltung in Dollar ist eine interne Angelegenheit der Beklagten und hat auf die Schadensberechnung der in DM und Lira abgeschlossenen Kaufverträge keinen Einfluß. Die Klägerin hatte auch glaubhaft keine Kenntnis von einer Verbuchung bei der Beklagten in US$. Die Schadensbestätigung der Bank der Beklagten in US$ ist daher nicht relevant. Die Beträge dieser Bestätigung sind nicht kontrollierbar und nicht nachvollziehbar.
Zum Zinsenbegehren wurde Beilage ./NN herangezogen, in der Zinsen von 7,5 % zum Abholzeitpunkt der Hips ausgewiesen sind.
Nach dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes über die Zuständigkeitsfrage wurden allgemeine Geschäftsbedingungen der Parteien mit Gerichtsstandvereinbarung nicht Vertragsbestandteil. Die Klägerin hat ihren Sitz in Österreich, der Sitz der Muttergesellschaft der Beklagten ist in Lausanne/Schweiz. Schweiz und Österreich sind Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts. Nach Art. 1 Abs. 1 UNK ist dieses Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wenn beide Staaten Vertragsstaaten sind (lit. a). Auf die gegenständliche Vertragsbeziehung ist somit das UN-Kaufrecht anzuwenden.
Das Fax der Beklagten an die klagende Partei (Beilage ./2) ist als Angebot im Sinne von Art. 14 Abs. 1 UNK zu sehen. Das Angebot wurde durch die Klägerin gem. Art. 18 Abs. 1 UNK angenommen. Aus dem Fax (Beilage ./II) vom 4.4.1996 läßt sich eine Annahme auch ohne Einwände bezüglich der Zahlungskonditionen ableiten. Das Fax Beilage ./2 in englischer Sprache wurde damit vollinhaltlich zum Kaufvertrag (vgl. RdW 1996,203; Karollus in RdW 1996, 197 ff.). Die Mengenspezifikation nach Beilage ./DD wurde mit Ausnahme der beiden Lieferungen aus dem früheren Vertrag zusätzlicher Vertragsbestandteil. Ein Konsens ist aus Fax Beilage ./FF ableitbar. Da aus der Sicht eines objektiven redlichen Erklärungsempfängers nach § 863, 914 ABGB – deren Grundsätze auch im Rahmen des UN-Kaufrechtes zur Auslegung von Willenserklärungen heranzuziehen sind (vgl. RdW 1996, 203; Ebenroth in JBl 1986, 686; Koziol/ Welser I 10, 343) – der Wille des Erklärenden zur vollen Vorauszahlung des Kaufpreises zweifelsfrei erkennbar und damit Vertragsbestandteil wurde, sohin eine diesbezügliche Pflicht der Klägerin anzunehmen ist, stellt die Verweigerung dieser Pflicht eine Vertragsverletzung dar. Allerdings liegt eine wesentliche Vertragsverletzung im Sinne von Art. 25 UNK nicht vor. Der anderen Partei (der Beklagten) entgeht im wesentlichen nicht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen. Aus dem Vertrag erwarten dürfen hätte sich die Beklagte die Vorauszahlung des Kaufpreises. Zur Zahlung des Kaufpreises war die Klägerin auch grundsätzlich bereit. Die Vorauszahlung sollte aber nur für die jeweils abzuholende Teilmenge geleistet werden. Nach der Literatur soll eine wesentliche Vertragsverletzung bei Verweigerung der Kaufpreiszahlung nur dann bestehen, wenn die Zahlung Fixcharakter im Sinne von § 919 ABGB oder § 376 HGB hat (vgl. Posch in Schwimann ABGB², Rn. 3 zu Art. 64 UNK; Ebenroth in JBl 1986, 681 ff. [694]; Koziol/Welser I10, 344 mwN). Ein solcher Fixcharakter liegt gegenständlich jedoch nicht vor. Die Klägerin hat damit keine wesentliche Vertragsverletzung begangen, zumal die Beklagte diesbezüglich auch die Beweislast trifft (Posch aaO, Rn. 17 zu Art. 25 UNK).
Durch das Verhalten der Klägerin bei der Erfüllung des Vertrages (Verweigerung einer vollen Vorauszahlung) des Kaufpreises stand der Beklagten grundsätzlich die sog. Unsicherheitseinrede nach Art. 71 Abs. 1 lit. b UNK zu. Sie durfte ihre Lieferpflicht vorläufig aussetzen, weil die Beklagte eine wesentliche Vertragspflicht zu erfüllen nicht bereit war (vgl. Karollus, UN-Kaufrecht, 86 ff.). Eine solche wesentliche Vertragspflicht ist auch die vertragskonforme Zahlung des Kaufpreises. Eine wesentliche Pflichtverletzung ist allerdings vom Begriff der wesentlichen Vertragsverletzung strikt zu trennen. Durch die Zurückhaltung der Ware verhielt sich die Beklagte im rechtlichen Rahmen. Der rechtliche Rahmen wurde erst durch die Vornahme eines Deckungsverkaufes verlassen. Der Deckungsverkauf gründet sich auf die anfängliche Annahme beider Parteien, der Vertrag sei storniert worden. Ein Deckungsverkauf bedeutet zweifelsfrei den Rücktritt vom Vertrag. Ohne eine wesentliche Vertragsverletzung ist ein Rücktritt gem Art. 49 UNK und Art. 64 UNK für beide Seiten nur nach Setzung einer genau bestimmten Nachfrist durch Bezeichnung eines Zeitraumes oder Setzung eines Termines möglich (vgl. Posch aaO, Rn. 4 f. zu Art. 47 UNK). Erst nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist oder bei Ablehnung einer Zahlung durch die Klägerin innerhalb der gesetzten Nachfrist, hätte der Beklagte zurücktreten dürfen.
Zusammenfassend war die unberechtigte Weigerung zu einer vollständigen Vorauszahlung des Kaufpreises durch die Klägerin der Anlaß für das spätere Deckungsgeschäft der Beklagten. Die Beklagte hat aber das Scheitern der Vertragsbeziehung mangels Nachfrist und ausdrücklichem Rücktritt mitverschuldet. Eine Nachfrist war auch zur Klärung der Standpunkte geboten (vgl. zur Nachfrist nach Art. 71 UNK: JBl 1999, 54 ff. mit Anm von Karollus). Die Klägerin war nämlich grundsätzlich zur Erfüllung gemäß den von ihr vermuteten Vertragskonditionen bereit. Eine Nachfrist auch zur Klärung der Rechtslage hätte das Scheitern des Geschäftes verhindern können. Die Klägerin hat den Deckungsverkauf mangels Setzung einer Nachfrist ebenfalls erleichtert. Da sie sich im Recht wähnte und vielmehr eine Vertragsverletzung der Beklagten vermutete, war eine Nachfristsetzung durch sie ebenfalls geboten. Ein Rücktritt kann gem Art. 26 UNK nur dann angenommen werden, wenn er der anderen Partei durch eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung ausdrücklich mitgeteilt wird (vgl. RdW 1996, 203; Posch aaO, Rn. 3 f. zu Art. 26 und Rn. 1 f. zu Art. 49 UNK). Beide Parteien konnten mangels Rücktrittserklärung somit auch nicht von einer Stornierung des Vertrages ausgehen, zumal auch dem erwähnten Telefonat nicht zweifelsfrei eine Aufhebungserklärung entnommen werden kann. Die unterlassene ausdrückliche Rücktrittserklärung könnte auch als einvernehmliche Vertragsaufhebung verstanden werden. Hiefür bieten jedoch Art. 18 Abs. 1 UNK und Art. 26 UNK keine Anhaltspunkte. Wie aus Art. 26 UNK folgt, kennt das UN-Kaufrecht auch grundsätzlich keine automatische Vertragsauflösung, sondern ist diese gerade an strenge Voraussetzungen gebunden (vgl. Posch aaO, Rn. 2 zu Art. 49 UNK), sodaß davon auszugehen ist, daß im Sinne der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (in RdW 1996, 203) und der erwähnten Lehre zu einer wirksamen Vertragsauflösung durch Rücktritt eine ausdrückliche bzw zweifelsfreie rechtsgestaltende Erklärung ein unumgängliches Erfordernis darstellt. Selbst unter der Annahme einer einvernehmlichen Vertragsauflösung würde die Beklagte jedoch ihre Schadenersatzansprüche nicht verlieren (vgl. Art. 61 Abs. 1 lit. b UNK, Art. 63 Abs. 2 UNK: vgl. auch Posch aaO, Rn. 2 Vor Art. 61 UNK), weil im Zweifel nur eine stillschweigende Einigung der Parteien über das Unterbleiben der Belieferung der Klägerin ohne Verzicht auf sonstige Ansprüche aus Vertragsverletzung angenommen werden könnte.
Beide Parteien haben wesentliche Pflichten verletzt, worauf der Vertrag nicht erfüllt wurde. Beide Parteien haben das Scheitern der Erfüllung zu gleichen Teilen verschuldet. Die Beklagte macht Mindererlöse aus dem Deckungsgeschäft geltend, die nach Art. 75 UNK zu ersetzen sind. Jeder weitere Schaden kann grundsätzlich nach Art. 74 UNK geltend gemacht werden. Die Beklagte hat wegen Mitverschuldens den als Schadenersatz gegen die Forderung der Klägerin eingewendeten Mindererlös aus dem Deckungsgeschäft zu 50 % selbst zu tragen. Die Zurückhaltung von Geld aus der einbehaltenen Vorauszahlung der Klägerin, die über diesen Schadenersatzanspruch hinausgeht erfolgt ohne Rechtsgrundlage. Die Beklagte ist daher diesbezüglich – wie im Spruch ersichtlich – zur Rückzahlung verpflichtet.