Gegenstand dieses Rechtsstreites ist eine Schadenersatzforderung des Klägers aus einer behaupteten Nichtzuhaltung eines Vertrages. Der Kläger brachte vor, der Beklagte habe für den Zeitraum 30.12.2002 bis 6.1.2003 für Obernachtung inklusive Frühstücksbuffet ein Doppelzimmer zu einem Preis von EUR 34,‑ pro Person und Nacht gebucht. Nachdem der Beklagte am 30.12.2002 nicht angereist sei, sei dem Kläger nichts anderes übrig geblieben, als unverzüglich zu versuchen, das Doppelzimmer schadensmindernd anderweitig zu vermieten. Dies sei jedoch nur für die Nacht vom 31.12.2002 auf den 1.1.2003 möglich gewesen. Unter Berücksichtigung einer Eigenersparnis von 20 % werde ein Schadenersatzbetrag von EUR 326,40 geltend gemacht.
Das Bezirksgericht Bezau sei gemäß Art. 5 Z 1 EuGVO I zuständig.
Der Beklagte hat die Einrede der mangelnden Zuständigkeit des BG Bezau erhoben.
Mit dem bekämpften Beschluss hat das Erstgericht die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit zurückgewiesen.
Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Der Kläger ist Inhaber des Hauses *****. Dabei handelt es sich um eine Frühstückspension mit 8 Betten und 4 Ferienwohnungen. Diese betreibt der Kläger zusammen mit seiner Frau.
Für das Haus ***** hat der Kläger seit ca. 2 Jahren eine eigene Homepage, die unter der Adresse „www.haus-*****.de“ im Internet erreichbar ist. Dabei steht der Kürzel „de“ für Deutschland. Es ist im Kleinen Walsertal aufgrund der wirtschaftlichen Ausrichtung nach Deutschland gebräuchlich, an Stelle von „at“ (bedeutet: Austria) die Abkürzung „de“ bei Internetadressen zu verwenden.
Die Homepage für das Haus ***** dient Werbezwecken. Auf dieser Homepage wird das Haus bildlich dargestellt und beschrieben, wie viele Betten zur Verfügung stehen und was die Preise sind. Es besteht die Möglichkeit, per E-mail Anfragen an den Kläger zu richten.
Kurz vor dem 14.11.2002 nahm der Beklagte mit der Ehegattin des Klägers telefonisch Kontakt auf, um für den Zeitraum 30.12.2002 bis 6.1.2003 ein Doppelzimmer zu reservieren. Mit E-mail vom 14.11.2002 teilte er Folgendes mit:
„Hallo Frau *****,
wie telefonisch besprochen, würde ich gerne ein Doppelzimmer reservieren vom 30.12.2002 bis 6.1.2003!“
Der Beklagte, der den Aufenthalt im Haus ***** zu Urlaubszwecken verbringen wollte, ist nicht angereist.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die EuGVO I sei anzuwenden und zitierte die hier maßgebliche Bestimmung des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVO I. Der Kläger sei als Unternehmer, der Beklagte als Verbraucher im Sinne der zitierten Bestimmung anzusehen. Auch habe der Kläger durch seinen weltweit abrufbaren Internetauftritt auch „auf irgendeinem Wege“ seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf Deutschland ausgerichtet. Aus dem Text der zitierten Bestimmung lasse sich nicht herauslesen, dass zwischen der Ausrichtung der Tätigkeit des Unternehmers auf den Wohnsitzstaat des Beklagten und dem Vertragsabschluss ein Zusammenhang bestehen müsse. Vielmehr ergebe sich aus der Textierung, dass die bloße Tatsache der Ausrichtung auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausreiche, um von der Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVO I auszugehen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss bei Kostenersatzpflicht des Beklagten ersatzlos aufheben und dem Gericht I. Instanz auftragen, es möge seine Zuständigkeit bejahen und ein ordentliches Verfahren einleiten. Weiters wurde beantragt, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen.
In seiner zulässigen (§ 521 a Abs. 1 Z 3 ZPO) Rekursbeantwortung hat der Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Unter dem Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Kläger geltend, das Erstgericht habe es ausgehend von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterlassen, eine Feststellung dahingehend zu treffen, wie der Beklagte Kenntnis vom Betrieb der klagenden Partei erlangt hat und ob die „Ausrichtung der Tätigkeit des Unternehmens“ überhaupt in einem kausalen Zusammenhang mit der erforderlichen Buchung im Betrieb der klagenden Partei steht.
Der Beklagte bekämpft seinerseits die Unterlassung der Feststellung, durch die Kontaktaufnahmemöglichkeit über E-mail und die Darstellung des Hauses und seiner Dienstleistungen auf der Homepage des Beklagten werde der site-Besucher zum Vertragsabschluss aufgefordert.
Mit diesen Ausführungen wird in Wirklichkeit kein Verfahrensmangel geltend gemacht, sondern werden sekundäre Feststellungsmängel releviert, welche dem Bereich der Rechtsrüge zuzuordnen sind. Das Rekursgericht nimmt dazu unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung Stellung.
In seiner Rechtsrüge vertritt der Kläger die Ansicht, das Erstgericht nehme eine reine Wortinterpretation des Art. 15 EuGVO vor und übersehe dabei völlig, den Schutzzweck für Verbraucher in die Interpretation einzubeziehen. Der primäre Gedanke jeder Schutznorm für Verbraucher liege darin, den Verbraucher vor unüberlegten Handlungen bzw. der Überlegenheit eines Unternehmers zu schützen. Der Schutzzweck trete jedoch dann in den Hintergrund, wenn es für den Verbraucher klar erkennbar sei, dass sein Vertragspartner im Ausland ansässig ist. Dies gelte z.B. für die Fälle, in denen der Verbraucher in den Wohnsitzstaat des Unternehmers reise, um einen Vertrag abzuschließen. Dies gelte konsequenterweise auch far andere Fälle, in denen der Verbraucher nicht durch die „Ausrichtung der Tätigkeit“ Kenntnis vom Unternehmer erlangt hat. Entscheidend für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVO sei somit insbesondere, ob der Verbraucher aufgrund der Werbemaßnahme des Unternehmers mit diesem in Kontakt getreten ist. Es sei zwar richtig, dass dieses Element nicht ausdrücklich in der gegenständlichen Bestimmung niedergeschrieben wurde, wohl aber nur deshalb, weil die Voraussetzung eines direkten Zusammenhanges derart selbstverständlich sei, dass es keiner besonderen Nominierung bedürfe. Es widerspreche jeder Logik und vor allem auch grundlegenden Prinzipien der Europäischen Rechtsordnung, wenn man hier die Notwendigkeit eines direkten Zusammenhanges verneinen würde.
Es sei auch auf eine gemeinsame Erklärung des Rates und der Kommission hinzuweisen, die zur Auslegung des Begriffes „Ausrichten“ im Zusammenhang mit dem e-commerce betont hätten, dass eine passive Web-Site allein nicht das Erfordernis einer Ausrichtung erfülle. Vielmehr sei Voraussetzung, dass der Abschluss eines Vertrages im Falle der interaktiven Web-Site auch tatsächlich über diese und nicht auf einem anderen Weg erfolge.
Das Rekursgericht erachtet die zur Klagszurückweisung führenden Entscheidungsgründe des Erstgerichtes für zutreffend (§ 500 a ZPO). Ergänzend dazu wird noch Folgendes ausgeführt:
Mit 1.3.2002 (Art. 76) ist die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des RATES vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO, Brüssel I-Verordnung) in Kraft getreten. Die Vorschriften dieser Verordnung sind dabei auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die erhoben bzw. aufgenommen worden sind, nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist. Davon ist hier auch der Rekurswerber zu Recht ausgegangen.
Nach Art. 15 Abs. 1 lit. c der Brüssel I-Verordnung bestimmt sich für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, die Zuständigkeit – unbeschadet des Art. 4 und des Art. 5 Z 5 – nach dem vierten Abschnitt dieser Verordnung („Zuständigkeit bei Verbrauchersachen“), wenn der andere Vertragspartner dieses Vertrages in dem Mitgliedsstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedsstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedsstaates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt (OGH vom 7.1.2003, 9 Nc 110/02 d). Zweck der im vierten Abschnitt der Brüssel I-Verordnung enthaltenen Zuständigkeitsbestimmungen für Verbrauchergeschäfte ist der Schutz der Verbraucher. Als typischerweise wirtschaftlich schwächere und rechtlich unerfahrenere Partei soll der Verbraucher dadurch, dass ihm zusätzliche Wahlgerichtsstände zur Verfügung gestellt werden und die Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen beschränkt wird, geschützt werden. Der Schutz des „passiven Verbrauchers“, dessen Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder auf diesen Staat ausrichtet, reicht aber weiter als jener des „aktiven“ Verbrauchers, der ins Ausland fährt und dort rechtsgeschäftlich tätig wird (Czernich/Tiefenthaler/Kodek Europäisches Gerichtsstands und Vollstreckungsrecht2 Rn. 1 zu Art. 15). Der von Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVO verfolgte Zweck ist gegenüber Art. 13 Nr. 3 LGVÜ/EuGVÜ derselbe geblieben. In Verbrauchergeschäften mit Auslandsbezug soll der „passive“ Verbraucher bevorzugt werden, und zwar nunmehr schon dann, wenn ein ausländischer Unternehmer in seinem Wohnsitzstaat tätig wird oder eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf irgendeinem Wege auf diesen Staat ausrichtet (Rn. 21 aaO).
Auszugehen ist jedenfalls davon, dass mit Inkrafttreten der Brüssel I-Verordnung Verbraucher im Geltungsbereich der Verordnung nicht schlechter gestellt werden sollten, als dies nach den Bestimmungen der Art. 13 f EuGVÜ/LGVÜ der Fall war. „Ausrichtung“ nach Art. 15 Abs. 1 lit. c der Brüssel I-Verordnung geht weiter als der in Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ/LGVÜ verwendete Begriff der Werbung, erfasst aber jedenfalls auch diese. Erfasst sind alle den Absatz fördernden Handlungen, etwa Werbung in der Presse oder im Fernsehen (zutreffend bereits vom Erstgericht ausgeführt und zitiert Czernic/Tiefenthaler/Kodek aaO Rn. 24 zu Art. 15). Grenzüberschreitende und nicht nur lokale Werbung sollte ausreichen. In Frage kommt dabei auch Werbung in Rundfunk, Kino oder im SAT-Teletext (Geimer/Schiitze Europäisches Zivilverfahrensrecht, Rn. 34 zu Art. 13 EuGVÜ).
Im gegenständlichen Fall hat der Kläger seine Home-Page ins Internet gestellt, um insbesondere in Deutschland („de“) Werbung für seinen Pensionsbetrieb zu betreiben. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, würden einerseits entsprechend zielgerichtete Verlautbarungen in Fernsehen, Rundfunk, Presse, Kino und Teletext als Werbung angesehen werden, nicht hingegen derartige Veröffentlichungen im Internet. Eine Werbung im Internet erfüllt aufgrund ihrer grenzüberschreitenden Ausrichtung jedenfalls die Voraussetzung nach Art. 15 Abs. 1 lit. c der Brüssel I-Verordnung (OGH zu 7 Nd 507/01, 10 Nd 501/02). Insofern ist der Unterscheidung nicht zu folgen, wonach bloße Werbung mit einer rein passiven Web-Site nicht als „Ausrichten“ der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu werten ist und nicht unter Art. 15 der Brüssel I-Verordnung fällt, sondern nur ein Anbieter, der über eine sog. aktive Web-Site den Vertrag abschließt, nach dieser Bestimmung gerichtspflichtig wird (Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht5 § 3 Rn. 106). Diese in den USA vorherrschende Rechtsprechung mit der Unterscheidung zwischen „passiver Web-Site“ und „aktiver Web-Site“ hat die Kommission ausdrücklich als zu eng zurückgewiesen. In diesem Falle würde nämlich die Neuregelung deutlich hinter der Regelung des Art. 13 EuGVÜ zurückbleiben, nach der bereits eine gezielte Werbung den notwendigen Bezug zum Wohnsitzstaat des Verbrauchers herstellt. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Verbraucherschutz für Geschäfte im Internet erweitert werden sollte. Deshalb können nur Web-Sites vom Anwendungsbereich des Art. 15 der Brüssel I-Verordnung ausgeschlossen sein, die ersichtlich nicht auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtet sind, indem sie ausdrücklich oder konkludent einen geschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern aus diesem Staat ausschließen. Weiters ist zu fordern, dass sich der Vertragspartner des Verbrauchers an seinen Ausschluss hält. Der konkret zustande gekommene Vertrag muss sich als unplanmäßige Ausnahmeerscheinung darstellen (Micklitz/Rott, Vergemeinschaftung des EuGVÜ in der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, EuZw 2001, 331).
Soweit der Rekurswerber in seiner Rechtsrüge geltend macht, bei richtiger Auslegung des Art. 15 Abs. 1 lit. c der Brüssel I-Verordnung sei ein Kausalnachweis zwischen der Werbung und dem Vertragsabschluss zu fordern, so widerspricht dies nicht nur dem klaren Wortlaut der Verordnung, sondern dem bereits eingangs beschriebenen Zweck der im 4. Abschnitt der Brüssel I-Verordnung enthaltenen Zuständigkeitsbestimmungen. Es würde den verbraucherfreundlichen Schutzzweck erheblich einschränken, wenn man vom Verbraucher den schwer zu führenden Nachweis verlangen wollte, dass die Werbung des Vertragspartners für den Vertragsabschluss ursächlich geworden ist. Für die Anwendung von Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ/LGVÜ genügt, dass der Vertragspartner des Verbrauchers in dessen Wohnsitzstaat Werbung betrieben hat und dass es danach „wie auch immer“ zum Vertragsabschluss gekommen ist (Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht5, Rn. 15 zu Art. 13; Geimer/Schütze, aaO Rn. 35 zu Art. 13). Die Zurückweisung der Klage durch das Erstgericht mangels inländischer Gerichtsbarkeit ist daher zu Recht erfolgt.
Zurückzuweisen war der Antrag auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH, da den Parteien diesbezüglich kein subjektives Recht zusteht (Stohanzl, ZP015, E 9 zu § 90a GOG, Anhang zu § 190 ZPO). Im Übrigen bleibt auch keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der richtigen Anwendung des Gemeinschaftsrechtes (Stohanzl, aaO, E 4).