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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin ist ein Speditionsunternehmen mit dem Sitz in Österreich. Sie hat für die Beklagte, ein Unternehmen mit dem Sitz in Slowenien, zwei Warentransporte durchgeführt, bei denen die Ware an verschiedenen Orten in Österreich übernommen wurde. Die Klägerin hat für ihre beim Bezirksgericht Leibnitz (AT) eingebrachte Klage beim OGH (AT) die Bestimmung des örtlich zuständigen österreichischen Gerichts - die sog. Ordination - beantragt. Sie macht geltend, dass zwar die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte gegeben sei. Nach österreichischem Zivilprozessrecht sei aber ein örtlich zuständiges Gericht nicht bestimmt.
Der OGH gibt dem Ordinationsantrag statt. Die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte folge aus Art. 31 CMR. Die Zuständigkeitsregeln des Art. 31 CMR gingen dem Zuständigkeitssystem der Brüssel I-VO gemäß Art. 71 Brüssel I-VO als lex specialis vor. Im Geltungsbereich der CMR gelangten deshalb allein die Zuständigkeitsregeln der CMR zur Anwendung. Sowohl Österreich als auch Slowenien seinen Vertragsstaaten der CMR. Da bei beiden Transportleistungen, welche den Gegenstand des Rechtstreits bilden, der Ort der Übernahme der Ware in Österreich liege, seien die österreichischen Gerichte für die Entscheidung international zuständig. Da ein örtlich zuständiges Gericht nicht bestimmt sei, sei ein solches im Wege der Ordination zu bestimmen. Der OGH folgt der Anregung der Klägerin und bestimmt das Bezirksgericht Leibnitz als zuständiges Gericht.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Mit der am 7. 12. 2004 beim Bezirksgericht Leibnitz eingebrachten Klage begehrt die Klägerin mit Sitz in 8403 Lebring von der in Slowenien ansässigen Beklagten EUR 1.792,32 sA an Fracht aus zwei seit 10. 10. 2003 bzw 23. 1. 2004 fälligen Rechnungen. Sie habe im Auftrag der Beklagten Transportleistungen von Bischofshofen bzw Salzburg nach zwei Orten in Slowenien durchgeführt. Die Zuständigkeit werde „hilfsweise“ auf Art. 31 Z 1 lit. b 1. Fall CMR gestützt (weil in beiden Fällen der Ort der Übernahme des Gutes in Österreich liege) und die Bestimmung der (örtlichen) Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes gemäß § 28 JN durch den Obersten Gerichtshof beantragt.
Der Ordinationsantrag ist berechtigt.
Wegen aller Streitigkeiten aus einer der CMR unterliegenden Beförderung kann ein Kläger nach § 31 Z 1 lit. b dieses Übereinkommens Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Sowohl Österreich als auch Slowenien sind Vertragsstaaten der CMR (Schütz in Straube HGB I3 Anh I zu § 452 Vorbem Rn. 2 [CMR]). Da nach dem Vorbringen der Klägerin eine grenzüberschreitende Beförderung vorlag und das Transportgut in Österreich übernommen wurde, ist die inländische Jurisdiktion für die aus dem Beförderungsvertrag resultierenden Entgeltansprüche gegeben. Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 JN ist infolge Fehlens eines örtlich zuständigen inländischen Gerichtes ein für die Rechtssache als örtlich zuständig geltendes Gericht zu bestimmen.
Die Zuständigkeitsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) sind gemäß deren Art. 71 hier nicht anzuwenden, weil Art. 31 CMR als lex specialis der Vorrang zukommt (RIS-Justiz RS0111094 [T2]; RS0113199 [T10]; zuletzt: 10 Nc 25/04i mwN; Klauser, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 71 EuGVVO Anm. 1 ff). Aber auch der durch die Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl I 2004/128, neu geschaffene Wahlgerichtsstand des § 101 JN ist auf die gegenständliche Streitsache (noch) nicht anzuwenden. Danach ist für Rechtsstreitigkeiten aus einer Beförderung, die dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) unterliegt, auch das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung des Gutes vorgesehene Ort liegt. Die Bestimmung des § 101 JN ist aber nach Art XVI Abs. 2 der Zivilverfahrens-Novelle 2004 (BGBl I 2004/128) erst auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage oder der verfahrenseinleitende Antrag nach dem 31. Dezember 2004 bei Gericht eingelangt ist (10 Nc 3/05f).
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 JN ist daher infolge Fehlens eines örtlich zuständigen inländischen Gerichtes ein für die Rechtssache als örtlich zuständig geltendes Gericht – über Anregung der Klägerin das Bezirksgericht Leibnitz – zu bestimmen.