Die Klägerin ist eine reine Entwicklungsfirma, deren Unternehmensgegenstand unter anderem in der Entwicklung von Telekommunikationsgeräten und der entsprechenden Software besteht. Der Vertrieb der entwickelten Geräte erfolgte über sogenannte Distributoren. Am 21.12.1994 schlossen die Klägerin und der als Distributor bezeichnete Beklagte eine Vertriebsvereinbarung unter anderem folgenden Inhaltes:
„1. Gegenstand des Vertrages:
a) C. hat ein Computertelefon mit der Bezeichnung phoneboard entwickelt und lässt dieses herstellen. Das phoneboard besteht aus einer IBM-AT kompatiblen PC-Tastatur mit integriertem Analogtelefon und Telefonhörer, sowie einer auf einer Diskette gespeicherten Software für MS/DOS und Windows Betriebssysteme.
Das phoneboard, Länderversion A wird für den Betrieb in der Republik Österreich zugelassen und darf nur dort an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen werden.
b) Der Distributor übernimmt den Vertrieb dieses phoneboards sowie des Zubehörs in der Republik Österreich.
2. Rechtsstellung des Distributors:
d) Die Vertriebsrechte des Distributors sind für die Republik Österreich – vorbehaltlich der Regelungen Ziffer 7 c – exklusiv, d.h. C. ist es nicht gestattet, selbst oder über Dritte phoneboards in Österreich anzubieten oder zu verkaufen. C. wird sich auch bemühen zu verhindern, dass Dritte phoneboards nach Österreich verkaufen. C. wird sicherstellen, dass Dritten eine Änderung der Ländervariante „D“ in Ländervariante „A“ nicht möglich ist.
3. Pflichten des Distributors/Kaufpreis für Distributionsrechte:
b) Der Distributor hat ein Lager in ausreichender Größe zu unterhalten, um alle Nachfragen nach phoneboards und Zubehör jederzeit sofort befriedigen zu können.
c) Er wird mit Abschluss dieses Vertrages einen Kaufvertrag über 40 Verpackungseinheiten (= 1000 phoneboards) abschließen zur Erstausstattung seines Lagers.
e) Für die Einräumung der exklusiven Vertriebsrechte in Österreich leistet der Distributor einen Einmalbetrag von DM 500.000,‑. Davon sind DM 250.000,‑ bei der Vertragsunterzeichnung fällig, weitere DM 250.000,‑ nach der Postzulassung des phoneboards in Österreich. Die zweiten DM 250.000,‑ werden für den Materialeinkauf der unter Punkt 3 c bestellten phoneboards verwendet. Als weitere Gegenleistung für diesen Betrag räumt C. dem Distributor einen Preisnachlass auf den Distributionspreis ein. Der Preisnachlass wird mit dem an C. bezahlten Einmalbetrag in Höhe von ATS 500.000,‑ verrechnet und so lange gewährt, bis dieser abgegolten ist, spätestens jedoch bis Ende der Vertragszeit am 31.12.1998. Der Preisnachlass beträgt DM 50,‑ je phoneboard auf den Distributionspreis.
f) Der Distributor verpflichtet sich, folgende Mindestmengen abzunehmen:
1995: 200 Verpackungseinheiten = 5.000 Stück
1996: 400 Verpackungseinheiten = 10.000 Stück
1997: 400 Verpackungseinheiten = 10.000 Stück
4. Pflichten von C.:
a) C. wird mit Vertragsabschluss unverzüglich mit der Entwicklung der Länderversion A beginnen und zum frühest möglichen Zeitpunkt den Antrag auf Postzulassung stellen, um die Zulassung zu erwirken.
Die Kosten für die Entwicklung und die Postzulassung trägt C.
Ist es C. jedoch nicht möglich, die österreichische Postzulassung endgültig zu erhalten, so wird C. die angezahlten DM 250.000,‑ nebst 7 % Zinsen hieraus seit Erhalt des Betrages 30 Tage nach endgültigem Ablehnungsbescheid der österreichischen Postzulassungsstelle an den Distributor zurückzahlen.
b) C. wird sicherstellen, dass der Distributor ausreichend und in angemessener Zeit mit phoneboards beliefert wird.
…
7. Laufzeit/Kündigung:
a) Der Vertrag beginnt mit Unterschrift durch beide Parteien und ist bis 31.12.1998 unkündbar.
b) Danach kann jede der Parteien den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zu Monatsende kündigen.
c)C. hat das Recht, unabhängig von Ziffer 7 a) die Exklusivität der Vertriebsrechte des Distributors mit einer Frist von drei Monaten zu Monatsende zu kündigen, falls der Distributor aus Gründen, die er zu vertreten hat, Mindestabnahmemengen gemäß Ziffer 3 f) nicht erreicht.
d) Unabhängig davon ist jede Partei berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen, falls ein wichtiger Grund vorliegt, der ihr die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar macht. Als wichtiger Grund gilt insbesondere
Zahlungsverzug trotz Mahnung mit Fristsetzung
Zahlungsunfähigkeit oder Antrag auf Eröffnung von Vergleichs- oder Konkursverfahren.
Lieferverzug trotz Mahnung mit Fristsetzung.
10. Schlussbestimmungen:
a) Ergänzungen oder Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
b) Dieser Vertrag unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Gerichtsstand ist München …“
Bei Abschluss der Vertriebsvereinbarung im Dezember 1994 war von der Klägerin geplant, dass die Entwicklung der phoneboards in der Länderversion D in etwa vier bis fünf Monaten abgeschlossen sein wird, da die phoneboards auf der Computermesse CEBIT im März 1995 in der Länderversion „D“ präsentiert werden sollten. Die Länderversion „A“ sollte nach weiteren vier Monaten zur Auslieferung kommen. Die Postzulassung der phoneboards in Österreich sollte im August 1995 erfolgen.
Die Klägerin begehrt mit der am 25.11.1996 eingebrachten Klage vom Beklagten die Zahlung von DM 126.148,95, umgerechnet in ATS zu den von der Österreichischen Nationalbank am Tag der Zahlung verlautbarten Devisenmittelkurs. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass zwischen den Streitteilen im September 1996 eine Zusatzvereinbarung zum Vertriebsvertrag geschlossen worden sei, mit welcher sie auf die Bezahlung der zweiten Rate von DM 250.000,‑ verzichtet habe und vereinbart worden sei, dass der Beklagte mit jeder Bestellung „Vorauskasse“ in Höhe des Bestellwertes zu leisten habe, die Lieferung spätestens zwei Monate danach erfolgen sollte und dem Beklagten zur Sicherheit für die Vorauskasse die entsprechende Menge phoneboards „Länderversion D“ übergeben werde. Die Sicherheitsleistung hätte mit Lieferung der Bestellung erlöschen und zurückgestellt werden sollen. Sie habe dem Beklagten als Sicherheitsleistung für die Vorauskasse gemäß dieser Zusatzvereinbarung 500 Stück phoneboards „Länderversion D“ geliefert, die von ihm am 27.9.1996 übernommen worden seien. Im Gegenzug sei der über DM 125.695,‑ vom Beklagten als Aussteller unterfertigte Scheck begeben worden, der nach Vorlage am 4.10.1996 mit dem Vermerk „nicht eingelöst“ zurückgestellt worden sei. Mit der Begebung dieses Schecks hätte der Beklagte seiner Verpflichtung zur Vorauskasse nachkommen sollen. Der von ihm mit Schreiben vom 15.10.1996 erklärte Rücktritt vom Vertriebsvertrag sei mangels eines wichtigen Grundes unwirksam.
Der Beklagte wandte unter anderem ein, dass es der Klägerin wegen technischer Probleme im Jahre 1995 nicht möglich gewesen sei, einsatzfähige phoneboards zu produzieren bzw. auszuliefern. Er habe sie schließlich schriftlich aufgefordert, bis 15.3.1996 mindestens 250 technisch einwandfreie phoneboards zu liefern, widrigens sie die bereits bezahlten DM 250.000,‑ zurückzuzahlen habe. Darauf habe die Klägerin nicht reagiert. Zu diesem Zeitpunkt habe er feststellen müssen, dass es sich bei den von der Klägern entwickelten phoneboards um eine technische Fehlentwicklung handle. Im April/Mai 1996 habe er festgestellt, dass es bei der Klägerin offenbar zu finanziellen Problemen gekommen sei. Am 1.8.1996 habe die Klägerin 49 phoneboards geliefert, die jedoch technisch mangelhaft gewesen seien. Ende August/Anfang September 1996 habe er feststellen müssen, dass der Klägerin keine finanziellen Mittel für die Produktion der phoneboards zur Verfügung gestanden seien. Am 17.9.1996 habe ihm die Klägerin einen Vorschlag zur Änderung der Vertriebsvereinbarung unterbreitet. Am 27.9.1996 habe er sich schließlich hinreißen lassen, einen Scheck über DM 125.695,‑ auszustellen und der Klägerin zu übergeben. Unmittelbar darauf habe er aber wiederholt feststellen müssen, dass die Klägerin keinesfalls in der Lage sein werde, die Vertriebsvereinbarung zu erfüllen und technisch einwandfreie phoneboards zu produzieren. Wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. wegen wichtiger Gründe habe er am 15.10.1996 den Vertriebsvertrag mit sofortiger Wirkung aufgekündigt. Er sei von der Klägerin getäuscht und in Irrtum geführt worden, weil sie ihm Vertriebsrechte für ein Produkt verkauft habe, das zu produzieren sie gar nicht in der Lage gewesen sei.
Die Klägerin erwiderte, dass es eine vertragliche Zusicherung eines Lieferzeitpunktes nicht gegeben habe. Eine Verpflichtung zur Rückzahlung der angezahlten DM 250.000,‑ bestehe nur für den Fall, dass es ihr nicht möglich sei, die österreichische Postzulassung zu erhalten, die jedoch am 22.1.1996 erteilt worden sei. Die am 1.8.1996 gelieferten 49 phoneboards seien nicht mangelhaft gewesen und vom Beklagten auch verkauft worden. Fristgerechte Mängelrügen seien nicht erhoben worden.
Der Beklagte brachte noch vor, dass es deshalb am 5.9.1996 zu einer Zusatzvereinbarung gekommen sei, in welcher die Klägerin auf die Zahlung von weiteren DM 250.000,‑ verzichtet habe und vorgesehen worden sei, dass er mit jeder Bestellung „Vorauskasse“ in Höhe des Bestellwertes zu leisten habe, weil nach der Postzulassung im August/September 1996 sich bereits herausgestellt habe, dass die Klägerin nicht in der Lage sein werde, die phoneboards herzustellen und zu liefern. Aus der in der Vertriebsvereinbarung enthaltenen Abnahmeverpflichtung folge klar, dass sich die Klägerin gleichzeitig verpflichtet habe, diese Mindestmengen herzustellen und an ihn zu liefern. Die ersten phoneboards seien erst Anfang August 1996 ausgeliefert worden, zu welchem Zeitpunkt „ohnehin alles schon zu spät“ gewesen sei und sich die Klägerin schon längst im Erfüllungsverzug befunden habe. Die Klägerin habe erklärt, nur dann phoneboards liefern zu können, wenn er im voraus bezahle. Diese „Vorauskasse“ sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin offenbar nicht in der Lage gewesen sei, auf Rechnung bzw. auf Lieferschein zu liefern. Da er aber aus den bisherigen negativen Erfahrungen nicht mit Sicherheit davon ausgehen habe können, dass die bestellten phoneboards trotz Vorauszahlung geliefert werden, habe er den Scheck gegen Sicherheit von 500 phoneboards „Version Deutschland“ ausgestellt. Schon damals hätte er auf Grund der negativen Erfahrungen annehmen müssen, dass die Klägerin auch (offenbar aus finanziellen Gründen) weiterhin nicht in der Lage sein erde, die Vereinbarung zu erfüllen. Die zur Sicherheit übergebenen 500 phoneboards „Länderversion D“ habe er weder verkaufen noch verpfänden dürfen. Die Ersatzlieferungen der phoneboards „Länderversion A“ seien ausgeblieben. Den Anspruch auf Rückzahlung von DM 250.000,‑ gemäß Punkt 3. e) der Vertriebsvereinbarung wende er aufrechnungsweise ein.
Im Folgenden brachte der Beklagte ferner vor, dass die zur Sicherheit übergebenen phoneboards nicht einsatzfähig und brauchbar, also nicht verkaufbar gewesen seien, weil sowohl die hierfür notwendige Software als auch Beschreibungen gefehlt hätten. Sie seien auch mangelhaft gewesen. Die Mangelhaftigkeit sei auch gerügt worden. Die Klägerin habe somit die Voraussetzungen für die Scheckbegebung nicht erfüllt. Ferner habe sich unmittelbar nach der Scheckbegebung ergeben, dass sich die Klägerin in finanziellen Schwierigkeiten befinde, sodass sie gar nicht in der Lage sei, die phoneboards in der Version A zu liefern. Er sei daher aus mehrfachen Gründen berechtigt gewesen, den Scheck „zurückzurufen“.
Die Klägerin erwiderte, dass die gelieferten 500 phoneboards der Version D ausschließlich zur Sicherstellung und nicht zum Gebrauch bzw. Verkauf durch den Beklagten bestimmt gewesen seien. Sie sei zur Lieferung der phoneboards in der Version A bereit gewesen und auch weiterhin bereit. Im Gegenzug müsste der Beklagte die phoneboards der Version D zurückstellen und auch eine Vorauskasse leisten.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht – nach Abweisung der von der Klägerin hinsichtlich der Gegenforderung erhobenen Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit – ausgesprochen, dass die Klagsforderung mit DM 126.148,95 zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe, und dem Klagebegehren daher stattgegeben. Über den eingangs wiedergegebenen, nicht mehr strittigen Sachverhalt hinaus, hat es noch die weiteren, auf den Seiten 6 bis 14 der Ausfertigung wiedergegebenen Feststellungen getroffen, von denen folgende hervorgehoben werden:
Eine verbindliche Zusage, dass die phoneboards der Länderversion A im August 1995 an den Kläger (richtig: Beklagten) ausgeliefert werden, wurde von der Klägerin nicht abgegeben. In der Folge verzögerte sich die Entwicklung und Herstellung der phoneboards der Version A. Der Zeitplan konnte nicht eingehalten werden. Die Liefertermine wurden immer wieder nach hinten versetzt. Die Postzulassung in Österreich erfolgte erst im Jänner 1996 und nicht wie geplant im August 1995. Mit Schreiben vom 24.1.1996 setzte der Beklagte der Klägerin eine Frist bis zum 15. März 1996 für die Lieferung von zumindest 250 Stück phoneboards der A-Version. Im Falle der Nichtlieferung forderte er den bereits bezahlten Betrag von DM 250.000,‑ inklusive Zinsen zurück. Im Juli 1996 kam es zur Auslieferung von 49 Stück phoneboards in der Länderversion A an den Beklagten. Diese Lieferung wurde vom Beklagten angenommen und die phoneboards in der Folge an Kunden verkauft. An den verkauften phoneboards wurden vom Beklagten keine Verbesserungen mehr durchgeführt. Am 17.9.1996 kam es zwischen den Streitteilen zum Abschluss einer Zusatzvereinbarung zur Vertriebsvereinbarung vom 21.12.1994 mit unter anderem folgenden Inhalt:
„1. C. verzichtet gemäß Punkt 3 e auf Bezahlung der zweiten DM 250.000,‑.
2. Die Losgröße je Bestellung beträgt 20 Verpackungseinheiten (= 500 phoneboards).
3. Der Distributor leistet mit jeder Bestellung Vorauskasse in Höhe des Bestellwertes. Die Zahlung ist fällig bei Bestellung. Die Lieferung erfolgt spätestens zwei Monate nach Bestellung. Als Sicherheit für die Vorauskasse übereignet C. dem Distributor die entsprechende Menge phoneboards, Länderversion „D“.
Die Sicherheitsleistung erlischt mit Lieferung der Bestellung.
4. …
5. Die Auslieferung der Erstbestellung von 500 Stück erfolgt am 21.10.1996.“
Der Beklagte bestellte 500 Stück phoneboards und verlangte als Sicherheit für die von ihm geleistete Vorauskasse die entsprechende Menge phoneboards in der Länderversion D. Es war zwischen den Streitteilen vereinbart, dass die phoneboards, so wie sie von der Erzeugerfirma an die Klägerin geliefert worden waren, an den Beklagten ohne Handbücher und ohne Software weiter übermittelt werden und vom Beklagten nicht verkauft werden. Nach Einlangen der Platinen für die Umrüstung auf die Länderversion A bei der klagenden Partei sollte diese die entsprechende Menge an phoneboards der Länderversion D beim Beklagten abrufen. Daraufhin sollten die vom Beklagten retournierten phoneboards mittels Austausch der Platinen auf die Länderversion A umgerüstet und dem Beklagten rückübermittelt werden. Von der Klägerin wurden die 500 Stück phoneboards in der Länderversion D dem Beklagten als Sicherheit übermittelt und von ihm entgegengenommen. Der Beklagte stellte am 27.9.1996 einen Scheck über DM 125.695 aus und übergab diesen dem Geschäftsführer der Klägerin. Nach Anlieferung der phoneboards in der Länderversion D wurden diese vom Beklagten zum Teil überprüft. Er stellte Schäden an einigen phoneboards fest. Es handelte sich um den Bruch der Platinenhalterungen. Darüber hinaus wurden die phoneboards ohne Handbücher und ohne Disketten geliefert. Weder die Schäden noch das Fehlen der Handbücher und Disketten wurden vom Beklagten gegenüber der Klägerin gerügt. Der Beklagte stellte trotzdem den Scheck über die vereinbarte Summe aus. Vor der Scheckbegebung gab es finanzielle Probleme bei der Klägerin, es lag aber keine Zahlungsunfähigkeit vor. Die Klägerin war in der Lage, die Umrüstung der phoneboards von Version D zu Version A durchzuführen und entsprechend der Zusatzvereinbarung an den Beklagten zu liefern. Infolge Anweisung des Beklagten, die Schecksumme nicht auszuzahlen, wurde der von der Klägerin vorgelegte Scheck vom Bankinstitut nicht eingelöst. Mit Schreiben vom 15.10.1996 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass beide Streitteile bei Abschluss der Vertriebsvereinbarung davon ausgegangen seien, dass die Produktion der phoneboards für Österreich im Jahre 1995 zur Auslieferung kommen werde. Da dies nicht geschehen sei, sei die Geschäftsgrundlage des Vertrages weggefallen. Der Beklagte trete somit, wie schon mehrfach angekündigt, vom Vertrag zurück. Er forderte auch die Rückzahlung der bereits bezahlten DM 250.000,‑ samt Verzugszinsen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Streitteile eine Rechtswahl gemäß § 35 Abs. 1 IPRG getroffen hätten, sodass deutsches Recht anzuwenden sei. Da § 326 BGB dispositives Recht sei, richteten sich die Voraussetzungen des Rücktrittsrechtes hier nach dem Vertrag. Auf Grund des Schreibens des Beklagten vom 24.1.1996 habe sich die Klägerin nach dem 15.3.1996 in Lieferverzug befunden. Der Beklagte wäre nach diesem Zeitpunkt berechtigt gewesen, den Vertrag zu kündigen. Ein Rücktritt sei aber nicht erfolgt. Der Beklagte habe vielmehr durch die Annahme der im Juli 1996 gelieferten 49 Stück phoneboards am Vertrag festgehalten. Die Mängel der gemäß Zusatzvereinbarung zur Sicherheit gelieferten phoneboards habe der Beklagte nicht gerügt, weshalb die Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt gelte. Der Beklagte sei daher verpflichtet, seine Gegenleistung, nämlich die Bezahlung des ausgestellten Scheckbetrages gemäß der getroffenen Zusatzvereinbarung zu erbringen. Die vom Beklagten unterfertigte Kündigung vom 15.10.1996 sei unwirksam, da gemäß der Zusatzvereinbarung die Auslieferung erst am 21.10.1996 erfolgen sollte und daher die Klägerin am 15.10.1996 mit ihrer Leistungsverpflichtung noch nicht im Verzug gewesen sei. Wenn sich der Beklagte in seinem Kündigungsschreiben auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufe, so sei ihm entgegenzuhalten, dass von der von ihm angenommenen Geschäftsgrundlage (Auslieferung noch im Jahr 1995) in der Folge einvernehmlich abgegangen worden sei. Es sei zu einer Zusatzvereinbarung gekommen, wodurch der Vertriebsvertrag eine neue Geschäftsgrundlage erhalten habe. Für eine Zahlungsunfähigkeit der Klägerin, die gemäß der Vertriebsvereinbarung zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigte, hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist begründet.
1. Zur Mängelrüge:
Zur Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Wert der zur Sicherheit übergebenen phoneboards und der Klagsforderung hat der Beklagte keinen Sachverständigen beantragt, weshalb insoweit die Unterlassung der Einholung eines Gutachtens auch keinen Verfahrensmangel begründen kann. Ob die genannten phoneboards mangels Fertigstellung weder als bloße Sicherheit noch zum Verkauf tauglich waren, ist für die rechtliche Beurteilung des Falles – wie noch zu zeigen sein wird – nicht von entscheidender Bedeutung. Auch insoweit bedarf es daher keiner Begutachtung durch den Sachverständigen.
Zum Beweis der wirtschaftlichen Lage der Klägerin wurden die unter lit. b der Mängelrüge angeführten Zeugen nicht geführt. Zum Beweis der Mangelhaftigkeit der gelieferten phoneboards, der ständigen Mängelrügen und der Tatsache, dass die Entwicklung der Software bereits im August 1996 endgültig eingestellt worden ist, bedarf es der Einvernahme dieser Zeugen – wie noch darzulegen ist – nicht.
2. Zur Tatsachen- und Beweisrüge:
Zu a):
Um welche Art von Vertrag es sich bei der Vereinbarung in Beilage ./D gehandelt hat, ist nicht Tat-, sondern eine auf Grund der Tatsachenfeststellungen zum Vertragsinhalt zu lösende Rechtsfrage.
Zu b):
Die Beweisrüge ist insoweit nicht gesetzmäßig, weil sie sich mit den vom Erstgericht für seine Tatsachenfeststellung herangezogenen Beweisgrundlagen nicht auseinandersetzt (Kodek in Rechberger², ZPO, Rn. 8 zu § 471), sondern die begehrte Ersatzfeststellung lediglich aus dem Wortlaut der Vereinbarung ableiten will, aus dem sich ein verbindlicher Lieferzeitpunkt im August 1995 aber gar nicht ergibt.
Bei der begehrten Feststellung, dass die Klägerin die Entwicklung der phoneboards der Version A bereits Mitte des Jahres 1996 eingestellt hat, handelt es sich um eine – wie der Berufungswerber selbst einräumt – ergänzende Feststellung. Insoweit nimmt der Berufungswerber also einen rechtlichen Feststellungsmangel an, der seiner Rechtsrüge zu unterstellen ist.
Zu c):
Die begehrte Ersatzfeststellung korreliert nicht mit der bekämpften Feststellung auf Seite 11 erster Absatz des Ersturteils, sondern stellt ebenfalls eine zusätzlich gewünschte Feststellung dar. Dass die Streitteile am 17.9.1996 eine Zusatzvereinbarung getroffen haben, bestreitet der Berufungswerber gar nicht. Ob es sich bei dieser Zusatzvereinbarung mangels Schriftlichkeit um eine rechtswirksam zustande gekommene Vereinbarung handelt, ist eine Rechtsfrage. Gegen die Feststellung über die (mündliche) Vereinbarung der Streitteile, dass die Lieferung der phoneboards der Version D ohne Handbücher und Software erfolgen sollte, bestehen allerdings Bedenken.
Im übrigen rügt der Berufungswerber unter diesem Punkt seiner Tatsachenrüge wiederum nur der Rechtsrüge zuzuordnende Feststellungsmängel.
Zu d):
Dass es sich bei den in der bekämpften Feststellung angeführten phoneboards um die den Beklagten zur Sicherstellung übergebenen handelt, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Sachzusammenhang. Ebenso wenig Zweifel bestehen daran, dass nach den erstgerichtlichen Feststellungen die Scheckausstellung nach Lieferung dieser phoneboards erfolgt sein muss (arg: „trotzdem“). Ein Feststellungsmangel ist insoweit also nicht zu erkennen.
Zu e):
Es ist dem Erstgericht zuzustimmen, dass das Beweisverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit der Klägerin ergeben hat. Eine solche kann auch der Aussage der im Rechtshilfeweg vernommenen Zeugen nicht entnommen werden. Aus diesen Zeugenaussagen ergeben sich vielmehr bloße Zahlungsschwierigkeiten und Zahlungsverzüge der Klägerin, aber auch, dass diese Zahlungen schließlich doch geleistet hat. Von einer Zahlungsunfähigkeit kann demnach nach diesen Beweisergebnissen keine Rede sein.
An Stelle der übrigen bekämpften Feststellungen sowie an Stelle der unter lit. c erwähnten bedenklichen Feststellung wird auf Grund der Beweiswiederholung im Berufungsverfahren folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Zwischen den Streitteilen war zwar vereinbart, dass die als Sicherheit gelieferten phoneboards in der Version „D“ nicht verkauft werden dürfen (Beklagter AS 235); ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner, dass diese phoneboards von der Klägerin ohne Handbücher und ohne Software geliefert werden sollten, bestand allerdings nicht (Beklagter AS 229 f.). Die als Sicherheit übergebenen phoneboards sollten der Klägerin nach Lieferung der vom Beklagten bestellten phoneboards der Version „A“ zurückgestellt werden (Geschäftsführer A. A. AS 65; Beilage ./E). Die phoneboards sowohl der Version „D“ als auch der Version „A“ waren von Anfang an insbesondere wegen mangelhafter Software nur bedingt einsetzbar. Die Software funktionierte nicht – wie von der Klägerin zugesagt – bei allen Windowsprogrammen. Die Software war vor allem für das Betriebssystem OS2 und das in der Wirtschaft häufig verwendete System Windows NT nicht geeignet. Sie funktionierte auch nicht im „DOS Fenster“ von Windows. Es gab auch verschiedene sonstige Probleme im Zusammenspiel der Phoneboards mit der Software. Diese Mängel rügte der Beklagte schon vor Lieferung der 49 Stück im Juli 1996, deren Software ebenfalls diese Mängel aufwies. Die Klägerin sagte insoweit auch Verbesserung zu, die bis heute jedoch nicht erfolgt ist, da sie die Weiterentwicklung der Software bereits Mitte 1996 eingestellt hat, weil sich herausgestellt hat, dass die technische Vereinbarkeit der Software der phoneboards mit der Software der verschiedenen Betriebssysteme, wie Windows NT und OS2, technisch nicht zu erreichen war, und weil die Klägerin auch kein Interesse mehr an der Weiterentwicklung der analogen phoneboards hatte (Beklagter AS 119 und 233; Geschäftsführer A. A. AS 237 f.; Zeuge N. A., AS 203; Zeuge L. L., AS 195; Zeugin D. U.-R. AS 81 und 89; Beilagen./4 und./8).
Diese Feststellungen beruhen auf den in Klammer angeführten Beweisergebnissen. Dass es technische, letztlich nicht zu lösende Schwierigkeiten mit für den Absatz der phoneboards wichtigen Betriebssystemen gab, hat das Beweisverfahren klar ergeben und musste schließlich auch der Geschäftsführer der Klägerin A. A. einräumen, der auch zugab, dass die Weiterentwicklung der Software der phoneboards schon Mitte des Jahres 1996 eingestellt worden ist. Seiner Aussage über den Inhalt der die zur Sicherheit gelieferten phoneboards betreffenden Vereinbarung konnte wegen der gravierenden Widersprüche in AS 65 und AS 225 nicht gefolgt werden. Die diesbezügliche Aussage des Beklagten hat die Formulierung in Punkt 3 der Beilage ./E sowie den Umstand für sich, dass Sicherheiten, die im Falle einer Vertragsverletzung nicht verwertbar sind, nicht sinnvoll sind und von vernünftigen Vertragspartnern wohl kaum vereinbart werden.
Diese Feststellungen sowie den als unbekämpft oder unbedenklich übernommenen Sachverhalt im Ersturteil legt das Berufungsgericht gemäß § 498 ZPO seiner Entscheidung zugrunde.
3. Zur Rechtsrüge:
Der oben dargestellte Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht wie folgt zu beurteilen:
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980, BGBl 1988/96 (UNK), ist in Deutschland seit 1.1.1991 und in Österreich seit 1.1.1989 in Kraft. Gemäß Art. 1 Abs. 1 UNK ist dieses Übereinkommen auf Kaufverträge über Waren zwischen Parteien anzuwenden, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben, wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechtes zur Anwendung des Rechtes eines Vertragsstaates führen. Das UNK ist nach Lehre und Rechtsprechung auch auf Rahmenvereinbarungen kaufrechtlichen Inhaltes anzuwenden (1 Ob 289/98a). Ein solcher Rahmenvertrag liegt sowohl nach deutscher als auch nach österreichischer Lehre und Rechtsprechung vor, wenn Parteien, vor allem Kaufleute, wie etwa Produzenten und Großhandelsketten, die miteinander eine größere Anzahl gleichartiger oder ähnlicher Rechtsgeschäfte abschließen wollen, im vorhinein den rechtlichen Rahmen, also bestimmte Bedingungen für künftige Einzelverträge abstecken. In solchen Verträgen müssen sich die Parteien nicht zum Abschluss künftiger Verträge verpflichten, sie können dies jedoch tun; so sind Rahmenvereinbarungen vielfach mit Abnahme- oder Lieferverpflichtungen gekoppelt (2 Ob 575/93 mwN).
Die Klägerin hat ihre Niederlassung in Deutschland, der Beklagte die seine in Österreich. Sie haben die Anwendung deutschen Rechts auf ihre Vertragsbeziehung vereinbart. Dabei ist zu beachten, dass auch § 35 iVm § 11 IPRG Regeln des internationalen Privatrechtes sind, die von Art. 1 Abs. 1 lit. b UNK angesprochen sind. Wenn die Parteien deshalb – wie hier – das Recht eines UNK-Mitgliedstaates wählen, ist auch ohne ausdrückliche Erwähnung, dass sie die Anwendung des UNK wünschen, dieses anzuwenden (Posch in Schwimann², ABGB, Art. 1 UNK Rn. 20; 2 Ob 328/97t; 1 Ob 292/99v). Die pauschale Wahl des Rechtes eines Ratifikationsstaates des UNK kann nach ganz herrschender Ansicht für sich mangels (hier nicht vorliegender) zusätzlicher Anhaltspunkte für einen entsprechenden Parteiwillen nicht den Ausschluss des Einheitsrechtes gemäß Art. 6 bedeuten (Posch aaO, Artikel 6 Rn. 8; 1 Ob 292/99v).
Das UNK ist daher – wie der Berufungswerber mit Recht ins Treffen führt – auch auf die vorliegende Vertriebsvereinbarung vom 21.12.1994 mit Zusatzvereinbarung vom 17.9.1996, die eine Rahmenvereinbarung vorwiegend kaufrechtlichen Inhaltes darstellt, sowie auf jeden im Rahmen dieser Vereinbarung geschlossenen Kaufvertrag der Streitteile anzuwenden.
Gemäß Art. 49 Abs. 1 UNK kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt (lit. a) oder wenn im Falle der Nichtlieferung der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Nachfrist liefert oder wenn er erklärt, dass er nicht innerhalb der gesetzten Frist liefern wird (lit. b).
Nach der gemäß Art. 6 UNK zulässigen vertraglichen Regelung der Streitteile im Punkt 7lit. d der Vertriebsvereinbarung ist jede Partei berechtigt, den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen, die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar machenden Grundes vorzeitig aufzuheben („fristlos zu kündigen“), wobei als wichtiger Grund insbesondere Lieferverzug trotz Mahnung mit Fristsetzung gilt.
Im konkreten Fall liegt nicht bloß ein Lieferverzug der Klägerin vor. Die Klägerin hat vielmehr die zur Erfüllung ihrer vertraglichen Leistungspflicht erforderliche Weiterentwicklung der phoneboards, deren Software nach der Vereinbarung vom 21.12.1994 für MS/DOS und Windows Betriebssysteme geeignet sein sollte, trotz Verbesserungszusage gänzlich eingestellt, sodass feststeht, dass sie ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht mehr entsprechen wird können. Dieser Umstand ist als wichtiger Grund im Sinne des Punktes 7 lit. d des Vertrages anzusehen, der die Aufrechterhaltung des Vertrages für den Beklagten unzumutbar macht und ihn daher – ebenso wie Art. 49 Abs. 1 lit. a UNK – wegen Vorliegens einer wesentlichen Vertragsverletzung zur Aufhebung des Vertrages auch ohne ausdrückliche Nachfristsetzung berechtigt. Diese Vertragsaufhebung, die grundsätzlich formfrei, ja selbst konkludent möglich ist (1 Ob 74/99k; 1 Ob 292/99v; SZ 69/26) und keiner Befristung unterliegt (1 Ob 292/99v; SZ 69/26) und aus der sich zweifelsfrei ergeben muss, dass der Käufer am Vertrag nicht festhalten will (SZ 69/26), hat der Beklagte mit Schreiben vom 15.10.1996 und darüber hinaus auch ohne jeden Zweifel in seinem Prozessvorbringen ausdrücklich erklärt. Gemäß Art. 81 UNK ist der Beklagte daher von der Bezahlung des von der Klägerin geltend gemachten Kaufpreises für die bestellte Teillieferung befreit. Ob ihn auch die vertragswidrige Sicherheitsleistung zur Verweigerung der Kaufpreiszahlung berechtigt, muss daher nicht weiter erörtert werden.
Aus den angeführten Gründen war das Ersturteil demnach in Stattgebung der Berufung des Beklagten im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.