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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Österreich wohnhafte Kläger hatte bei der Beklagten, einer Gesellschaft mit dem Sitz in Deutschland, eine Pauschalschiffsreise gebucht. Er erhob Klage vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht, mit der er Entschädigung wegen bestimmter Mängel der Reise verlangte. Die Beklagte rügte die fehlende Zuständigkeit der österreichischen Gerichte. Der Kläger beantragte beim OGH (AT) die sog. Ordination, d.h. die Bestimmung des für die Klage örtlich zuständigen Gerichts.
Der OGH (AT) stellt zunächst fest, dass es sich bei einem Pauschalreisevertrag um einen Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 13 LugÜ handele. Ein Pauschalreisevertrag sei durch eine Kombination verschiedener Einzelleistungen gekennzeichnet. Durch die Kennzeichnung als Verbrauchervertrag werde im Hinblick auf die Zuständigkeitsregeln des LugÜ ein Auseinanderreißen der verschiedenen Segmente des Vertragsverhältnisses und damit eine Streuung der Zuständigkeiten vermieden. Dies müsse in Verbrauchersachen unbedingt vermieden werden. Es lägen auch die weiteren von Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3. LugÜ erforderten Voraussetzungen für eine Verbrauchersache vor. Insbesondere habe die Beklagte für die von ihr vertriebenen Reisen im Wohnsitzstaat des Klägers geworben; der Vertrag sei von dem Kläger auch in Österreich abgeschlossen worden. Da die österreichischen Gerichte demnach gemäß Art. 14 Abs. 1 LugÜ für die Klage international zuständig seien, während nach österreichischem Zivilprozessrecht kein örtlich zuständiges Gericht bestimmt sei, sei der von dem Kläger gestellte Ordinationsantrag berechtigt und ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Mit der am 18. 2. 1998 beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten aus dem Titel der Gewährleistung Geldersatz wegen bestimmter Mängel der bei der Klägerin gebuchten Pauschalschiffsreise. Die (sachliche und) örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes stützt der Kläger darin auf die Art. 13 und 14 LGVÜ (EuGVÜ), da es sich um ein Verbrauchergeschäft gehandelt habe, der Vertragsabschluß am Wohnsitz des Klägers in Graz erfolgt sei und die Beklagte für die gebuchte Kreuzfahrt in ihrem in Österreich aufliegenden und vom Kläger bei der Buchung verwendeten Reisekatalog geworben habe.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte die örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes ein, da die genannten Zuständigkeitsvorschriften gemäß Art. 13 Abs. 3 LGVÜ auf Beförderungsverträge, sohin auch auf den ganz wesentlich auch beförderungsvertragliche Elemente enthaltenden Reisevertrag der Streitteile, nicht anzuwenden seien.
Als der Erstrichter im Zuge der von ihm gepflogenen Verhandlung seine Rechtsansicht über die Anwendbarkeit der Art. 13 und 14 LGVÜ (sohin das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit) auf das vorliegende Verfahren kundtat, stellte der Kläger den Ordinationsantrag, dem auch Berechtigung zukommt.
Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LGVÜ bestimmt sich die – internationale – Zuständigkeit für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, nach diesem Abschnitt (= vierter Abschnitt – Zuständigkeit für Verbrauchersachen), wenn der Vertrag die Erbringung einer Dienstleistung ... zum Gegenstand hat, sofern a) dem Vertragsabschluß im Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorangegangen ist und b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat. Gemäß Art. 13 Abs. 3 LGVÜ ist dieser Abschnitt nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden.
Gemäß Art. 14 Abs. 1 LGVÜ kann die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner (Unternehmer) entweder vor den Gerichten des Vertragsstaates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen (Wohn )Sitz hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
Für Pauschalreiseverträge, die durch eine Kombination verschiedener Einzelleistungen gekennzeichnet sind, wird in der Lehre überwiegend der Standpunkt vertreten, daß die Zuständigkeitsvorschriften für Verbrauchersachen nach den Art. 13 ff LGVÜ anzuwenden seien, weil sie insgesamt als Dienstleistungs- bzw Werkverträge nicht unter Art. 13 Abs. 3 LGVÜ zu subsumieren seien und ein Auseinanderreißen des Pauschalreisevertrages in seine einzelnen Segmente im Zuständigkeitsrecht vermieden werden sollte (Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel, Rn. 20 zu Art. 13 mwN; Schlosser, EuGVÜ, Rn. 10 zu Art. 13; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Rn. 38 zu Art. 13 mwN). Dieser Auffassung ist aus den genannten Gründen vor allem deshalb beizutreten, weil eine Streuung von Zuständigkeitstatbeständen für Rechtsstreitigkeiten aus einem einzigen Verbrauchergeschäft unbedingt zu vermeiden ist und ein Pauschalreisevertrag nicht einem schlichten Beförderungsvertrag gleichzuhalten ist. Nach den für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Behauptungen des Klägers liegen auch die weiteren in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LGVÜ genannten Zuständigkeitsvoraussetzungen (Werbung und Vertragsabschluß im Wohnsitzstaat des Klägers und Vornahme der seitens des Klägers zum Vertragsabschluß erforderlichen Rechtshandlungen im Wohnsitzstaat des Klägers) vor. Da gemäß Art. 14 Abs. 1 LGVÜ die inländische Gerichtsbarkeit für den vorliegenden Rechtsstreit gegeben ist, es jedoch an der örtlichen Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes bzw an einer diesbezüglichen Parteienvereinbarung fehlt, ist gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 JN das (sachlich zuständige) Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz als örtlich zuständiges Gericht zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache zu bestimmen (siehe auch Mayr in Rechberger, ZPO Rn. 10 vor § 83a JN).