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Zusammenfassung der Entscheidung Die deutsche Unterhaltsgläubigerin betreibt gegen den Schuldner in Österreich die Zwangsvollstreckung aus verschiedenen deutschen Unterhaltstiteln. Die zu diesen erteilte österreichische Vollstreckungsklausel ist rechtskräftig. Der Unterhaltsschuldner hat gegen die gegen ihn geführte Vollstreckung Unterhaltsoppositionsklage erhoben. Mit dieser macht er insbesondere geltend, dass sich nach seiner Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt die bei dieser zugrunde gelegten Verhältnisse geändert hätten. Die Unterhaltsgläubigerin könne sich inzwischen selbst unterhalten; auch sei seine eigene Leistungsfähigkeit gemindert, seit er invalide geworden sei und sich sein Einkommen vermindert habe. Den von dem Unterhaltsschuldner gestellten Antrag auf Aufschiebung der Zwangsvollstreckung wegen des laufenden Unterhalts hat das Erstgericht abgewiesen. Hiergegen hat dieser Rekurs zum Landesgericht Klagenfurt (AT) eingelegt.
Das Landesgericht Klagenfurt (AT) weist den Rekurs als aussichtslos zurück, da für die von dem Unterhaltsschuldner geführte Abänderungsklage die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nicht begründet sei. Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 2 Brüssel I-VO stehe nur für Unterhaltsklagen des Unterhaltsberechtigten zur Verfügung, nicht aber für eine Abänderungsklage, mit der der Unterhaltsverpflichtete eine Überprüfung des Unterhaltstitels wegen veränderter Verhältnisse zu erreichen sucht. Die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für eine Abänderungsklage könne auch nicht auf Art. 22 Nr. 5 Brüssel I-VO gestützt werden, da eine solche nicht zu den in dieser Vorschrift genannten Verfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung gehöre.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Mit Beschluss vom 27. Juli 2007 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei zu 11 E 4737/07m zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von insgesamt EUR 15.220,19 sowie des laufenden Unterhaltes von monatlich EUR 353 ab August 2007 die Forderungsexekution nach § 294 a EO und die Fahrnisexekution. Der Exekution zugrunde liegen Exekutionstitel verschiedener deutscher Amtsgerichte und Jugendbehörden. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung datiert mit 24. Oktober 2003. Die Exekutionsbewilligung ist in Rechtskraft erwachsen. Beiden Parteien des Exekutionsverfahrens wurde die Verfahrenshilfe bewilligt.
Am 5. Oktober 2007 hat der Verpflichtete gegen den dieser Exekution zugrunde liegenden Anspruch Einwendungen nach § 35 EO erhoben (Unterhaltsoppositionsklage). Der Oppositionskläger bringt vor, er habe bis 7. September 2005 sämtliche Unterhaltsbeträge bezahlt. Ferner macht er geltend, die Oppositionsbeklagte sei seit 14. Februar 2005 selbsterhaltungsfähig. Schließlich führt der Oppositionskläger ins Treffen, dass sich die für die Bemessung des Unterhalts maßgebenden Umstände in der Zwischenzeit (also nach der Entscheidung des Amtsgerichtes Ebersberg vom 20. Dezember 2000) geändert hätten, weil er invalid (geworden) sei und die Annahmen des Titelgerichtes betreffend das erzielbare Einkommen des Oppositionsklägers nicht mehr zuträfen. Der damals bemessene Unterhalt (nach dem Exekutionsantrag offenbar für den Zeitraum 7. August 2000 bis 13. Februar 2008) sei demnach der Höhe nach unangemessen. Mit der Oppositionsklage stellte der Oppositionskläger einen Aufschiebungsantrag.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Fahrnisexekution zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes von EUR 15.220,19 s. A. gegen Erlag einer Sicherheitsleistung durch den Aufschiebungswerber in der Höhe von EUR 15.000 aufgeschoben. Die Forderungsexekution zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes schob es gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von EUR 4.800 auf. Den Antrag auf Aufschiebung der Forderungsexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhaltes wies das Erstgericht ab. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Verpflichteten mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass die bewilligte Fahrnisexekution sowie die Forderungsexekution zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes ohne Sicherheitsleistung und die Forderungsexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhaltes aufgeschoben werde. Der Rekurswerber macht im Ergebnis geltend, dass ein Unterhaltsanspruch entweder überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der von den deutschen Gerichten und Jugendbehörden festgesetzten Höhe bestehe.
Der Rekurs ist nicht berechtigt, weil die Oppositionsklage als weitgehend, wenn nicht als gänzlich, aussichtslos zu beurteilen ist.
Nach Art. 5 Z 2 EuGVVO (bzw. EuGVÜ) kann – wenn es sich um eine Unterhaltssache handelt – eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, in einem anderen Mitgliedsstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, verklagt werden. Dieser Klägergerichtsstand (des Unterhaltsberechtigten) wurde aus den gleichen sozialen und praktischen Erwägungen geschaffen wie Art. 3 Z 2 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 15. April 1958 und Art. 7 Z 1 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 2. Oktober 1973. Der Unterhaltsberechtigte soll nicht genötigt sein, seinen Anspruch vor dem Gericht geltend zu machen, das für den Beklagten zuständig ist. Das Gericht des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes des Unterhaltsberechtigten ist auch am besten in der Lage, die Unterhaltsbedürftigkeit festzustellen und den Unterhaltsbetrag festzusetzen. Ferner ermöglicht der Gerichtsstand einen die Prozessführung erleichternden Gleichlauf zwischen Zuständigkeit und anzuwendendem materiellen Recht (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht8 Rn. 54 zu Art. 5).
Hieraus folgt, dass das Gericht des Vollstreckungsstaates (hier: Österreich) auf keinen Fall und ohne Rücksicht auf die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO überprüfen darf, ob der im Ursprungsstaat (hier: Deutschland) zuerkannte Betrag noch angebracht ist. Für Abänderungsklagen sind vielmehr die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO (Art. 2 bzw. Art. 5 Z 2 EuGVVO) anzuwenden.
Diese Zuständigkeitsvorschrift gilt auch für Vollstreckungsgegenklagen (Kropholler aaO Rn. 70). In seiner Entscheidung 3 Ob 20/02s hat der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf Musger, Die Zwangsvollstreckung aufgrund ausländischer Titel aus der Sicht des Erstrichters in Bajons/Mayr/Zeiler, Die Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 262 und 267, und Simotta in Fasching² I § 76 a JN Rn. 39 mwN, ausgesprochen, dass die Geltendmachung geänderter Verhältnisse weder im Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung noch mit Unterhaltsoppositionsklage möglich sei, weil sonst der Schutzgedanke des Art. 5 Z 2 EuGVVO unterlaufen würde. Die internationale Zuständigkeit des Erstgerichtes kann auch nicht auf Art. 16 Z 5 EuGVÜ bzw. Art. 22 Z 5 EuGVVO gestützt werden, weil derartige Abänderungsklagen nicht unter diese Bestimmung fallen (Kropholler aaO Rn. 59 ff zu Art. 22; 4 Ob 7/02m mwN). Der vorliegenden Oppositionsklage mangelt es daher – jedenfalls insoweit damit eine Änderung der wirtschaftlichen Situation des Verpflichteten oder der Betreibenden (Selbsterhaltungsfähigkeit) geltend gemacht wird – an der internationalen Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes. Der Verpflichtete wird sich hiefür der Abänderungsklage nach § 323 dBGB zu bedienen haben. Die Aufschiebung der Exekution darf nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nur dann bewilligt werden, wenn die Aktion des Aufschiebungswerbers, die den Aufschiebungsgrund bildet, nicht aussichtslos ist (Jakusch in Angst EO Rn. 65 ff zu § 42 mwN). Die Aufschiebung darf also nicht bewilligt werden, wenn der Erfolg der den Aufschiebungsgrund bildenden Aktion als mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos zu beurteilen ist. Ein solcher Fall ist hier gegeben, liegt doch das Schwergewicht der vom Verpflichteten erhobenen Oppositionsklage auf der Geltendmachung von geänderten Umständen betreffend die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten einerseits bzw. der Unterhaltsbedürfnisse der Betreibenden andererseits.
Weil demnach der Unterhaltsoppositionsklage, insoweit sie sich als Abänderungsklage wegen geänderter Verhältnisse versteht, mangels Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes von vornherein kein Erfolg zukommen kann, erweist sich die bekämpfte Entscheidung, mit welcher die Aufschiebung der Exekution gegen Erlag einer Sicherheitsleistung verfügt wurde bzw. die Aufschiebung der Forderungsexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts abgewiesen wurde, im Ergebnis als zutreffend.