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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin hat gegen den Beklagten vor dem österreichischen Erstgericht ein Versäumungsurteil erstritten. Daraufhin beantragt sie bei diesem Gericht die Ausstellung einer Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteils nach Art. 54 EuGVO und macht die ihr dafür entstandenen Kosten geltend. Das Erstgericht lehnt dieses Kostenbegehren mangels entsprechender Regelungen in der EuGVO ab.
Das OLG Graz (AT) weist den Rekurs der Klägerin als unberechtigt zurück. Da die EuGVO keine Regelungen über einen Kostenersatz im Zusammenhang mit dem Verfahren über die Ausstellung der Vollstreckbarkeitsbescheinigung nach Art. 54 EuGVO enthält, sei diese Frage ausschließlich nach innerstaatlichem – hier also österreichischem – Recht zu beurteilen. Danach handele es sich um ein das Verfahren zur Erwirkung des Titels fortsetzendes selbständiges Verfahren, in dem jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen habe, solange kein Zwischenstreit über die Vollstreckbarkeitserteilung entsteht.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Am 15.12.2005 erließ das Erstgericht gegen den Beklagten antragsgemäß ein Versäumungsurteil und bestätigte am 24.2.2006 dessen Rechtskraft und Vollstreckbarkeit.
Mit ihrem am 7.3.2006 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrt die Klägerin die Ausstellung einer Bestätigung gemäß der Art. 54 und 58 der Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Nr. 44/2001 (EuGVO) und verzeichnet Kosten nach TP 2 im Betrag von EUR 100,42. Mit dem angefochtenen Beschluss weist das Erstgericht das Kostenbegehren ab. Die EuGVVO enthalte keinerlei Regelungen darüber, ob Kosten für derartige Anträge überhaupt zustünden bzw welches Gericht über einen allfälligen Kostenzuspruch zu entscheiden hätte. Der Ersatz der Kosten des Antrags auf Vollstreckbarkeitsbestätigung sei ausschließlich nach innerstaatlichem Recht zu entscheiden; derartige Kosten könnten im Titelverfahren nicht begehrt werden. Mangels Rechtsgrundlage komme daher dem Kostenbegehren keine Berechtigung zu.
Der dagegen erhobene Rekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.
Gemäß Art. 53 der genannten Verordnung hat die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder eine Vollstreckbarerklärung beantragt, eine Ausfertigung der Entscheidung vorzulegen, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (Abs. 1). Unbeschadet des Art. 55 hat die Partei, die eine Vollstreckbarerklärung beantragt, ferner die Bescheinigung nach Art. 54 vorzulegen (Abs. 2). Gemäß Art. 54 stellt das Gericht oder die sonst befugte Stelle des Mitgliedstaats, in dem die Entscheidung ergangen ist, auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatt in Anhang V dieser Verordnung aus. Der Rekurswerberin ist demnach zuzustimmen, dass für ein allfälliges Vollstreckungsverfahren des vom Erstgericht erlassenen Versäumungsurteils im Ausland die von ihr beantragte Bescheinigung erforderlich ist. Daraus folgt aber noch nicht die Berechtigung des Kostenbegehrens.
Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass die genannte Verordnung keine Regelungen über einen allfälligen Kostenersatz im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Ausstellung der hier in Rede stehenden Bescheinigung enthält. Höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Frage existiert nicht. Die von der Rekurswerberin zitierten Entscheidungen des OGH vermögen ihren Rechtsstandpunkt nicht zu stützen. Die zu 8 Ob 174/02z ergangene Entscheidung (veröffentlicht in EvBl 2004/14) betrifft nur die Frage, welches Gericht für die Ausstellung einer derartigen Bescheinigung zuständig ist, enthält aber keinerlei Ausführungen zur Frage des Kostenersatzes. In der Entscheidung GZ 3 Ob 175/03m (veröffentlicht in SZ 2004/43) sprach der OGH lediglich aus, dass die Vollstreckbarerklärung kein Teil des Exekutionsverfahrens, sondern eine im Inland nach inländischem Recht geführte, allerdings ein selbständiges Verfahren bildende Ergänzung zum ausländischen Erkenntnisverfahren ist. Im Übrigen betraf diese Entscheidung – anders als hier – die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Exekutionstitels, wobei die EuGVVO ausdrücklich als unanwendbar angesehen wurde.
Auszugehen ist jedenfalls davon, dass die Zuständigkeit für die Ausstellung einer Amtsbescheinigung nach Art. 54 EuGVVO sich nach nationalem Recht richtet. Das Berufungsgericht teilt diesbezüglich die Auffassung des LG Eisenstadt in seiner Entscheidung vom 1.3.2004, GZ 13 R 312/03k (RES0000028), wonach die Frage des Kostenersatzes ausschließlich nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen ist. Dem Argument der Rekurswerberin, wonach die Kostentragungsregelungen der ZPO deshalb anzuwenden und der gestellte Antrag einem gesonderten Kostenzuspruch deshalb zugänglich wäre, da er einem Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteiles ähnlich sei, ist nicht zu folgen. Mit einem Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteiles wird der Titel erst erwirkt, während mit einem Antrag nach Art. 54 EuGVVO ein bereits in Rechtskraft erwachsener vollstreckbarer Titel die Vollstreckbarerklärung für das nachfolgende Vollstreckungsverfahren erhalten soll. Der Antrag nach Art. 54 EuGVVO ist nach Auffassung des Rekursgerichts vielmehr einem solchen nach § 7 EO ähnlich. Es entspricht ganz herrschender Auffassung, dass sowohl die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung als auch deren Aufhebung nicht Akte des Exekutionsverfahrens, sondern Akte der Fortsetzung des titelgerichtlichen Verfahrens sind, weshalb sich das Verfahren nach den Bestimmungen über das titelgerichtliche Verfahren richtet. Ein Kostenzuspruch kommt demnach nur dann in Betracht, wenn es die Regeln des Titelverfahrens gestatten (vgl. etwa Heller-Berger-Stix I 206, 211; Angst-Jakusch-Mohr, EO14 E 237 zu § 7 mwN; SZ 17/29; 4 Ob 241/99s; 8 Ob 90/04z ua). In der Judikatur wird einhellig die Auffassung vertreten, dass das Verfahren über die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wie auch über die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ein vom Ausgang des Titelverfahrens unabhängiges selbständiges Verfahren ist, in dem jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen hat und eine Kostenersatzpflicht erst dann entsteht, wenn über die Erteilung oder Aufhebung der Vollstreckbarkeit ein Zwischenstreit eintritt (vgl. OLG Wien 4 R 58/99z; WR 823; MietSlg 37.812, 38.827; in diesem Sinne wohl auch 9 ObA 164/92, 1 Ob 247/99a).
Ein solcher Zwischenstreit liegt im vorliegenden Fall jedenfalls nicht vor, weil der Beklagte zum Antrag der Klägerin gar nicht gehört werden konnte und daher auch keinen Gegenantrag gestellt hat (vgl. auch hg 8 Ra 25/01k). Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend.
Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.