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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Österreich wohnhafte Kläger verlangt vor einem österreichischen Gericht von der Beklagten, einer österreichischen Gesellschaft, die ihn beschäftigt hat, Zahlungen aus dem Dienstverhältnis. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses war der Kläger mehrere Jahre lang in Italien tätig. Erst- und Zweitgericht haben die Zuständigkeit jeweils bejaht.
Der OGH (AT) stellt zunächst fest, teilweise werde für die Anwendung des LugÜ ein Auslandsbezug verlangt. Dieser könne im Sinne des Art. 5 Nr. 1 LugÜ auch durch eine mehrjährige Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Ausland, wie hier des Klägers in Italien, begründet werden. Eine hinreichende Nahebeziehung zum Inland sei dagegen nur bei der Anwendung des autonomen innerstaatlichen Zuständigkeitsrechts zu prüfen. Bei einer nach dem LugÜ gegebenen Zuständigkeit komme es darauf nicht mehr an, denn dieses Übereinkommen begründe die internationale Zuständigkeit direkt und unmittelbar.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Das Rekursgericht hat zutreffend begründet, daß die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) und die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes sowohl nach dem Abkommen von Lugano (LGVÜ) als auch nach dem autonomen inländischen Recht gegeben sind. Insoweit reicht es aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ob - wie das Rekursgericht meint - das LGVÜ hier anzuwenden ist, hängt primär davon ab, ob - wie in der Lehre überwiegend vertreten und auch in den Gesetzesmaterialien (RV 34 BlgNR 20.GP, 28 f) zum Ausdruck gebracht wird - dieses Abkommen nur dann zum Tragen kommt, wenn der Anlaßfall aus der Sicht des einzelnen Mitgliedstaats eine Auslandsbeziehung aufweist (Jenard-Bericht Kapitel 3 I und Schlosser-Bericht Rn. 21, abgedruckt in Lechner/Mayr aaO 202 bzw 300; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht2 Rn. 238 ff; aM etwa Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht5 Rn. 6 ff vor Art. 2; Pfeiler, Das „Lugano-Abkommen" - die Einbindung Österreichs in das gesamteuropäische Zivilverfahrenssystem, JAP 1994/95, 227, 230 f). Bejaht man das Erfordernis eines Auslandsbezuges, hängt die Anwendbarkeit des LGVÜ überdies davon ab, ob ein solcher durch die mehrjährige Arbeitstätigkeit des Klägers im Ausland begründet wird. Dies wäre jedenfalls dann der Fall, wenn diese Auslandstätigkeit trotz der Behauptung des Klägers, er sei von seinem Dienstgeber nach Italien entsendet worden, als „gewöhnliche" Arbeitsverrichtung im Ausland iS Art. 5 Z 1 LGVÜ zu qualifizieren wäre (vgl Gottwald in Münchner Kommentar zur Zivilprozeßordnung III Rn. 13 zu Art I IZPR, wonach die erforderliche Auslandsbeziehung ua bei Vorliegen eines der internationalen Anknüpfungspunkte des Abkommens gegeben ist). All dies kann aber hier auf sich beruhen, da - wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat - die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) und die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ohnedies in jedem Falle zu bejahen sind.
Die Frage nach einer „hinreichenden Nahebeziehung zum Inland" (dazu Mayr in Rechberger, ZPO Rn. 4 zu § 28 JN und die dort angeführten Nachweise) stellt sich nur im Falle der Anwendung des autonomen innerstaatlichen Rechtes. Ist die internationale Zuständigkeit hingegen nach dem LGVÜ gegeben, ist die Frage einer weiteren Nahebeziehung nicht mehr zu prüfen, weil die Anwendbarkeit eines Gerichtsstandes dieses Übereinkommens die internationale Zuständigkeit direkt und unmittelbar begründet (Mänhardt, Das Lugano-Übereinkommen und Österreich, in Reichelt, Europäisches Kollisionsrecht 81 [84]; Pfeiler, aaO 228f). Im übrigen kann die nach der Rechtsprechung zum autonomen innerstaatlichen Zuständigkeitsrecht geforderte hinreichende Nahebeziehung zum Inland im vorliegenden Fall, in dem dem österreichischen Kläger eine österreichische Gesellschaft als Dienstgeber gegenübersteht, überhaupt nicht zweifelhaft sein.
Der Hinweis des Revisionswerbers auf § 44 IPRG ist schon deshalb verfehlt, weil diese Norm nur das auf den Arbeitsvertrag anwendbare materielle Recht bestimmt, mit der nach formellem Recht zu prüfenden Frage der inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit aber nichts zu tun hat.