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Zusammenfassung der Entscheidung Die Kläger begehrten von der Beklagten Schadensersatz. Die Beklagte habe ihre Verwertungsrechte an der Übersetzung eines Theaterstücks verletzt, indem sie, ohne Inhaberin der Nutzungsrechte zu sein und ohne Zustimmung der Kläger, die Aufführung dieses Werks in Wien (AT) bewilligt habe. Das Erstgericht verwarf die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten. Das Gericht zweiter Instanz war dagegen der Ansicht, dass keine Zuständigkeit vorlag.
Der OGH (AT) stellt die Entscheidung des Erstgerichtes wieder her. Die Zweitklägerin habe den behaupteten Schaden in Wien erlitten, wo die Beklagte die unberechtigte Werknutzungsbewilligung erteilt habe, wo das Werk zur Aufführung gelangt sei und wo daher auch die Nutzungsentgelte angefallen seien. Den Klägern stehe daher der in Art. 5 Nr. 3 LugÜ für Ansprüche aus unerlaubter Handlung aufgestellte Gerichtsstand des Ortes, an dem das schädigende Ereignis, nämlich der primäre Schaden eingetreten ist, zur Verfügung.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Kläger begehren mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Rechnungslegung und Zahlung des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Betrags. Die Erstklägerin sei Inhaberin der Verwertungsrechte an der Übersetzung des Theaterstücks „A Thousand Clowns“ von Herb Gardner, deren Urheber Eric Burger sei. Die Zweitklägerin sei Inhaberin der Verlagsrechte für diese Übersetzung und vertrete auch die Rechte der Erstklägerin unter anderem in Österreich, Deutschland und der Schweiz, wo sie auch die Tantiemen für die Werknutzung in Rechnung stelle und kassiere. Im Jahr 1993 habe die Beklagte, ohne Inhaberin der Werknutzungsrechte an dieser Übersetzung zu sein, und ohne Zustimmung der Kläger der T***** GmbH (folgend TJB) die Aufführung dieses Werks bewilligt und (durch eine Vereinbarung mit der TJB vom 24. 4. 1996) bewirkt, daß ihr von dieser trotz entgegenstehender Bemühungen der Kläger die Tantiemen samt Verlagsanteilen überwiesen worden seien. Die Beklagte habe damit schuldhaft die Urheberrechte (der Kläger) an dieser Übersetzung verletzt, darüber hinaus vorsätzlich die TJB (am 24. 4. 1996) zum Bruch einer mit der Zweitklägerin am 27. 9. 1993 geschlossenen Vereinbarung (die strittigen Tantiemen aus den „Übersetzungsrechten“ vorerst bei einem Notar in Wien zu deponieren) verleitet und sei zum Schadenersatz verpflichtet.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren im Grunde und beantragte dessen Abweisung, brachte jedoch auch vor, für die vorliegende Klage fehle es an der inländischen Gerichtsbarkeit (und wohl gemeint an der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichtes). Weder aus § 83c Abs. 1 und 3 JN, noch aus Art. 5 Z 3 LGVÜ lasse sich diese Prozeßvoraussetzung herleiten.
Das Erstgericht verwarf die „Unzuständigkeitseinrede“ der Beklagten. Es sei von einer Streitigkeit nach dem UrhG auszugehen, weil das Klagebegehren auf Rechnungslegung und Leistung von Schadenersatz bzw Herausgabe des den Klägern entgangenen Gewinns nach § 87 UrhG abziele. Die Zuständigkeit des Erstgerichtes folge zwar nicht aus § 83c JN, jedoch aus Art. 5 Z 3 LGVÜ, weil nach der Rechtsprechung des EuGH unter dem Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, auch der Ort zu verstehen sei, an dem der Schaden eingetreten sei. Dies sei zufolge der Aufführung des genannten Theaterstücks in der deutschen Übersetzung durch die TJB in Wien im Sprengel des Erstgerichtes der Fall, weshalb dessen sachliche und örtliche Zuständigkeit gegeben sei.
Das Gericht zweiter Instanz wies in Stattgebung der Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und Unzuständigkeit die Klage zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000,‑ ATS übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei. Aus Art. 5 Z 3 LGVÜ sei eine Zuständigkeit des Erstgerichts und damit dessen internationale Zuständigkeit (inländische Gerichtsbarkeit) nicht ableitbar, weil diese Bestimmung zwar für Schadenersatz das Gericht des Ortes des Schadenseintritts für zuständig erkläre, die Kläger hier allerdings nicht Schadenersatz, sondern Rechnungslegung über angeblich erhaltene Beträge und deren Herausgabe – also Bereicherung, die bei einer Überweisung stets am Sitz des Empfängers eintrete – geltend machten; die Kläger gründeten ihren Anspruch nicht auf eine von der Beklagten im Jahr 1993 der TJB – ohne entsprechende Berechtigung – erteilte Werknutzungsbewilligung, sondern auf die „Zahlungsvereinbarung“ der TJB mit der Beklagten vom 24. 4. 1996 (mit welcher die Hinterlegungsvereinbarung der TJB mit der Zweitklägerin vom 27. 9. 1993 gebrochen worden sei), die aber denkunmöglich einen Schaden der Kläger zur Folge (gehabt) haben könne. Im Vorbringen der Kläger, die Beklagte habe durch die unberechtigte Erteilung einer Werknutzungsbewilligung schuldhaft die Urheberrechte an der Übersetzung von Eric Burger verletzt, seien keine Umstände bezüglich Schadenseintritt oder Schadenshöhe erkennbar, die einen Anspruch auf Schadenersatz, insbesondere aufgrund des § 87 UrhG begründen könnten. In Wahrheit erhöben die Kläger Bereicherungsansprüche auf das (nicht der Beklagten, sondern ihnen zustehende) angemessene Werknutzungsentgelt, wofür Art. 5 Z 3 LGVÜ keinen (Kläger) Gerichtsstand schaffe. Soweit die Kläger vom Beklagten Schadenersatz wegen vorsätzlicher Verleitung der TJB zum Vertragsbruch forderten, werde dadurch das Rechtsverhältnis der Streitteile nicht berührt, weil damit ein allfälliger Zahlungsanspruch der Kläger gegen die TJB nicht verlorengehe.
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Kläger ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der Vorinstanz – schon aus Gründen der Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt:
Es kommt im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob das für die Beurteilung der Prozeßvoraussetzungen der inländischen Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit maßgebliche Vorbringen der Kläger in verschiedenen Details und Facetten widersprüchlich oder auch anders deutbar sein könnte, sondern darauf, ob es den in der Klage behaupteten und ua der Zuständigkeitsnorm des Art. 5 Z 3 LGVÜ unterstellbaren Schadenersatzanspruch und dessen Belegenheit (Ort des Schadenseintritts) im Sprengel des Erstgerichtes schlüssig zum Ausdruck bringt. Dies ist nach Ansicht des erkennenden Senats – entgegen der Auffassung der Vorinstanz und den sachliche und rechtliche Verwirrung ausstreuenden Ausführungen der Beklagten – hier der Fall. Die Kläger behaupten in der Klage (und vor manchen ihrer verwirrenden Stellungnahmen zu entsprechendem Vorbringen der Beklagten) in eindeutig erkennbarer Weise, daß die Beklagte, ohne im Besitz der den Klägern zustehenden Werknutzungsberechtigung an der fraglichen Übersetzung (gewesen) zu sein, der TJB die Werknutzung „bewilligt“ und dafür unberechtigterweise trotz entsprechender Aufklärung und Forderungen durch die Kläger die Tantiemen und Verlagsanteile vereinnahmt habe und diese im Wege des Schadenersatzes an die Kläger herauszugeben habe. Alles andere Vorbringen ist unmaßgebliches Beiwerk, zumal über die Berechtigung der geltend gemachten Schadenersatzansprüche bei der Beurteilung der Prozeßvoraussetzungen nicht zu entscheiden ist.
Dieser Klagevorwurf, der von der Beklagten auch in der Sache ua mit einer Verjährungseinwendung bekämpft wurde, ist Gegenstand der internationalen Zuständigkeitsbeurteilung. Zutreffend hat das Erstgericht aufgrund des Art. 5 Z 3 LGVÜ, der ua auch für Schadenersatzansprüche aus der Verletzung von Immaterialgüterrechten zur Anwendung kommt (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht6 Rn. 55 ff zu Art. 5 LGVÜ; Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel Rn. 45 ff, insb 48 und 50 zu Art. 5 mwN), seine Zuständigkeit bejaht. Daß die Zweitklägerin – zugleich als Wahrerin der Rechte und Interessen der Erstklägerin – den behaupteten Schaden in Wien erleidet, wo die Beklagte die nach den Klagebehauptungen unberechtigte Werknutzungsbewilligung an die TJB erteilte, wo das Werk auch zur Aufführung gelangte und daher auch die Werknutzungsentgelte angefallen sind/wären, kann wohl nicht bezweifelt werden. Den Klägern steht daher der in Art. 5 Z 3 LGVÜ für Ansprüche aus unerlaubter Handlung aufgestellte Gerichtsstand des Ortes, an dem das schädigende Ereignis, nämlich der primäre Schaden eingetreten ist, zur Verfügung. Die zutreffende Entscheidung des Erstgerichts ist daher wiederzustellen.