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Zusammenfassung der Entscheidung Die Antragstellerin strebte ein Feststellungsurteil an, wonach der Spruch des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation, mit welchem die Antragstellerin zur Zahlung eines Betrages von USD 15.689,041 verurteilt worden sei, in Österreich nicht vollstreckbar sei. Sie behauptete, dass die Beklagte die Anerkennung des genannten Schiedsspruchs bei einem Wiener Bezirksgericht (AT) anstrebe. Allerdings liege kein gültiger Titel vor, und selbst wenn ein solcher vorläge, wäre dieser in Österreich nicht vollstreckbar.
Der OGH (AT) weist den Antrag ab. Er stellt fest, dass das EuGVÜ die Schiedsgerichtsbarkeit als Gesamtbereich ausschließt. Die Anwendung des Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ sei aber auch aus einem anderen Grund ausgeschlossen. Nach dieser Regelung seien ohne Rücksicht auf den Wohnsitz die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, ausschließlich zuständig für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben. Das EuGVÜ sei nicht auf Verfahren anwendbar, die die Vollstreckung von in einem Drittstaat erlassenen Urteilen betreffen. Art. 16 Abs. 5 EuGVÜ sei in Verbindung mit Art. 25 zu lesen, der nur für Entscheidungen gelte, die von einem Gericht eines Vertragsstaats erlassen wurden. Das treffe im vorliegenden Fall auf den in der Russischen Föderation ergangenen Schiedsspruch nicht zu, da die Russische Föderation nicht Vertragsstaat des Übereinkommens sei.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Mit der ihrem Antrag nach § 28 JN im Entwurf beigelegten Klage strebt die Antragstellerin ein Feststellungsurteil an, wonach der Spruch des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation vom 15. 4. 1996 mit der Zahl 347/1995, mit welchem die Antragstellerin zur Zahlung eines Betrages von UStiny_mce_markeramp;nbsp;15.689,041 samt Anhang verurteilt worden sei, in Österreich nicht vollstreckbar sei. In diesem Entwurf sind folgende wesentliche Behauptungen enthalten:
Die beklagte Partei strebe die Anerkennung des genannten Schiedsspruchs bei einem Wiener Bezirksgericht an. Allerdings sei dem Schiedsverfahren keine gültige Schiedsverabredung zugrunde gelegen, weswegen der Schiedsspruch in Österreich nicht exekutiert werden könne. Es handle sich um eine Fälschung, falls dies nicht der Fall wäre, wären die beiden vorliegenden, divergierenden Verträge nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden. Es könne auch keine Rede davon sein, dass eine Schiedsvereinbarung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorliege.
In ihrem Antrag bringt die Antragstellerin zusätzlich vor, dass sie die Einbringung einer negativen Feststellungsklage beabsichtige, wonach kein gültiger Titel vorliege, und selbst wenn ein solcher vorliege, dieser in Österreich nicht vollstreckbar wäre. Gemäß Art. 16 Z 5 LGVÜ sei im gegenständlichen Fall die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, weil es um ein Verfahren gehe, welches eine Zwangsvollstreckung, die in Österreich durchgeführt werden solle, zum Gegenstand habe. Diese Bestimmung komme nicht nur dann zur Anwendung, wenn beide Parteien ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hätten. Die (negative) Feststellungsklage unterscheide sich von den exekutionsrechtlichen Klagen, hier insbesondere der Impugnationsklage, weil letztere grundsätzlich erst nach Vorliegen der Exekutionsbewilligung erhoben werden könnten. Da die beklagte Partei in Österreich keinen Gerichtsstand habe und es sich auch sonst nicht ermitteln lasse, welches Gericht für den beabsichtigten Rechtsstreit zuständig sei, werde der vorliegende Antrag gestellt.
Der Antrag ist nicht berechtigt.
Nach dem Vorbringen der Antragstellerin betreibt die aus einem in Russland erlassenen Schiedsspruch berechtigte Gegnerin der Antragstellerin die Anerkennung und Vollstreckung dieses Schiedsspruchs bei einem Bezirksgericht in Österreich. Dass bereits eine Exekutionsbewilligung ergangen wäre, wird nicht behauptet.
Nach § 28 JN (in der Fassung der WGN 1997) hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn zwar die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts nicht gegeben oder zu ermitteln sind, jedoch (ua) Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist.
Zutreffend geht die Antragstellerin auf Grund des von ihr vorgetragenen Sachverhalts davon aus, dass einerseits kein Tatbestand vorliegt, aus dem sich die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes ergeben würde, woraus nach § 27a Abs. 1 JN folgt, dass es auch an der inländischen Gerichtsbarkeit fehlt, andererseits, dass von den Fällen des § 28 JN nur der nach Z 1 in Betracht kommt.
Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Ausübung von Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall leitet die Antragstellerin allein aus Art. 16 Nr. 5 LGVÜ ab. Dabei lässt sie außer Acht, dass bereits am 1. 12. 1998 für Österreich das EuGVÜ in Kraft getreten ist, welches auf den vorliegenden Antrag nach seinem Art. 54 Abs. 1 Anwendung finden würde. Die Frage ist aber nicht weiter von Bedeutung, weil der maßgebende Wortlaut des Art. 16 Nr. 5 in beiden Übereinkommen gleich lautet.
Mit der von ihr beabsichtigten Klage strebt die antragstellende Gesellschaft nach dem vorliegenden Entwurf (in Abweichung vom Ordinationsantrag) nur die Feststellung der mangelnden Vollstreckbarkeit eines in der Russischen Föderation gefällten Schiedsspruches an.
Daraus ergibt sich zunächst bereits die Frage, ob angesichts der Regelung des Art. 1 Nr. 4 beider Übereinkommen, die jeweils die Schiedsgerichtsbarkeit von ihrem Anwendungsbereich ausnehmen, die Anwendung von deren Bestimmungen (insbesondere auch des Art. 16 Nr. 5) nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Wie der EuGH in seinem Urteil vom 25. 7. 1991, Rs C-190/89 Marc Rich and Co. AG gegen Societa Italiana Impianti PA, Slg 1991 I-3855, dargelegt hat, wollten die Parteien des Brüsseler Übereinkommens (EuGVÜ) die Schiedsgerichtsbarkeit als Gesamtbereich, einschließlich der bei den staatlichen Gerichten eingeleiteten Verfahren, ausschließen (Rn 18). Diesen Rechtsatz hat der EuGH im Urteil vom 17. 11. 1998, Rs C-391/95 Van Uden Maritime BV/Deco-Line, Slg 1991 I-7091, bekräftigt. Eine Entscheidung des EuGH zur Frage, ob demgemäß auch ein Rechtsstreit wie der hier beabsichtigte über die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs, der von einem privaten Schiedsgericht stammt, schon wegen Art. 1 Nr. 4 EuGVÜ (LGVÜ) nicht in den Anwendungsbereich dieser Übereinkommen fällt, steht offenbar noch aus. Die Anrufung des EuGH wegen einer Vorabentscheidung ist aber nicht erforderlich, weil auch aus einem anderen Grund im vorliegenden Fall die Anwendung des Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ (LGVÜ) ausgeschlossen ist. Nach dieser Regelung sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Wie der EuGH in der Entscheidung vom 20. 1. 1994, Rs C-129/92 Owens Bank Ltd Slg 1994/I-0117, klargestellt hat, ist das EuGVÜ nicht auf Verfahren anwendbar, die die Vollstreckung von in einem Drittstaat erlassenen Urteilen in Zivil- und Handelssachen betreffen (Rn 25). Art. 16 Abs. 5 EuGVÜ sei iVm Art. 25 zu lesen, der nur für die Entscheidungen gelte, die von einem Gericht eines Vertragsstaats erlassen wurden (Rn 24).
Damit hat aber der EuGH unmissverständlich klargestellt, dass der ausschließliche Gerichtsstand des Art. 16 Z 5 EuGVÜ voraussetzt, dass die nach diesem zu vollstreckende Entscheidung die eines Gerichts eines Vertragsstaates ist.
Das trifft im vorliegenden Fall zweifellos auf den in der Russischen Föderation ergangenen Schiedsspruch eines privaten Schiedsgerichtes nicht zu, gehört doch die Russische Föderation nicht zu den Vertragsstaaten der beiden Übereinkommen.
Demnach folgt aus Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ (LGVÜ) im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin keineswegs, dass sich Österreich völkerrechtlich zur Ausübung von Gerichtsbarkeit in einem Fall wie dem vorliegenden verpflichtet hätte. Da andere Gründe, die eine Ordination nach § 28 JN rechtfertigen würden, weder behauptet wurden noch sonst hervorgekommen sind, war der Antrag abzuweisen.