-
Zusammenfassung der Entscheidung In einem grenzüberschreitenden Verfahren erfolgte die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks mittels fiktiver Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 203 ZPO (wohl „deutsche“ Zivilprozessordnung), da die beklagte Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits im Firmenbuch gelöscht war. Die österreichischen Gerichte hatten darüber zu entscheiden, ob dies einen Anerkennungsversagungsgrund iSv. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ darstellt.
Der OGH (AT) stellt fest, dass für die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung iSv. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ das Recht des Staates maßgebend ist, in dem die Entscheidung, deren Vollstreckbarerklärung begehrt wird, erging. Abgesehen von anders lautenden Regelungen in Staatsverträgen können auch fiktive Zustellungen, wie etwa die öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag an der Gerichtstafel, nach dem Recht des Zustellstaates als ordnungsgemäß gelten; eine solche fiktive Zustellung könne jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände niemals rechtzeitig sein. Der OGH führt aus, dass der Verpflichteten im vorliegenden Fall jedenfalls nicht genügend Zeit für ihre Verteidigung gelassen worden war, weil sie zur Zeit der fiktiven Zustellung der Klage keinen Vertreter hatte.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung vom 20. 9. 2000, 3 Ob 179/00w (tw veröffentlicht in RdW 2001/176), eingehend die Voraussetzungen des Versagungsgrundes des Art. 27 Nr. 2 LGVÜ bzw EuGVÜ, der hier entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht gemäß Art. 55 EuGVÜ allein maßgebend ist, dargelegt.
Das Berufungsgericht ist – wie dies auch der Revisionswerber fordert – davon ausgegangen, dass die Zustellung ordnungsgemäß ist, wenn sie einem im Urteilsstaat geltenden Abkommen oder dem autonomen Recht des Urteilsstaates entspricht (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht6 Art. 27 Rn. 30). Der Oberste Gerichtshof hat schon in der Entscheidung 3 Ob 179/00w erkannt, dass für die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung iSd Art. 27 Nr. 2 LGVÜ bzw EuGVÜ das Recht des Staates maßgebend ist, in dem die Entscheidung, deren Vollstreckbarerklärung begehrt wird, erging. Weiters hat der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung (mwN) bereits ausgeführt, dass – abgesehen von anderslautenden Regelungen in Staatsverträgen – auch fiktive Zustellungen wie etwa die öffentliche Zustellung durch Anschlag an der Gerichtstafel nach dem Recht des Zustellstaates als ordnungsgemäß gelten; eine solche fiktive Zustellung könne jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände niemals rechtzeitig sein.
Das Berufungsgericht ist mit seiner Entscheidung im Einzelfall von diesen Grundsätzen nicht abgewichen, wenn es den Versagungsgrund des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ bejaht, weil die verpflichtet GmbH zur Zeit der fiktiven Zustellung gemäß § 203 d ZPO im Firmenbuch bereits gelöscht war. In einem solchen Fall wird der Verpflichteten jedenfalls nicht genügend Zeit für ihre Verteidigung gelassen, weil sie zur Zeit der fiktiven Zustellung der Klage (§ 203 d ZPO) keinen Vertreter hatte.