Die Antragstellerinnen sind zu FN *** und FN *** im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg eingetragen, und zwar jeweils mit satzungsmäßigem Sitz in N***. Die Zweitantragstellerin ist die alleinige Komplementärin der Erstantragstellerin.
Mit Schreiben an das Erstgericht vom 30.6.2004 stellte L*** H*** U*** als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer (und alleiniger Gesellschafter) der Zweitantragstellerin einen Insolvenzantrag für beide Gesellschaften. Er brachte dazu vor, dass die Erstantragstellerin zahlungsunfähig und die Zweitantragstellerin wegen der zu erwartenden Inhaftungnahme für die Kommanditgesellschaft überschuldet sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der beiden Antragstellerinnen, über ihr Vermögen den Konkurs zu eröffnen, mangels internationaler Zuständigkeit zurück. Nach dem Ergebnis der amtswegig durchgeführten Erhebungen seien die Antragstellerinnen wirtschaftlich überwiegend, wenn nicht ausschließlich in Deutschland tätig gewesen, wo sie ihre Tätigkeiten auch verwaltet hätten. In Österreich werde keinerlei Geschäftstätigkeit ausgeübt, es gebe hier auch keine Dienstnehmer. Es liege kein Anhaltspunkt vor, dass die Antragstellerinnen ihren effektiven Verwaltungssitz in N*** (gehabt) hätten. Dort existiere weder ein Büro noch zB eine Ferienwohnung des Geschäftsführers, sondern lediglich eine Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungskanzlei, die den Antragstellerinnen vor mehr als fünf Jahren ein Postfach zur Verfügung gestellt, als Zustelladresse gedient und die österreichischen Steuererklärungen abgegeben habe. Es bestehe sohin kein Zweifel daran, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Antragstellerinnen, welcher nach Art 3 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO) die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens begründe, in Deutschland befinde. Die von der erwähnten Bestimmung statuierte Vermutung, Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen einer Gesellschaft sei der Ort des satzungsgemäßen Sitzes, sei damit im gegenständlichen Fall als widerlegt anzusehen. Da der einzige ersichtliche Vermögenswert in Österreich aus einer Forderung der Zweitantragstellerin gegen den in Deutschland ansässigen Gesellschafter-Geschäftsführer L*** H*** U*** (nicht einbezahlte Stammeinlage in Höhe von € 18.168,21) bestehe und in einem deutschen Insolvenzverfahren verwertet werden könne, habe auch keine Veranlassung zur Eröffnung eines Partikularverfahrens nach Art 3 Abs 2 EuInsVO bestanden.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerinnen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss unter Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zwecks neuerlicher Entscheidung aufzuheben, in eventu im Sinne einer Verweisung (nach österreichischer Terminologie: Überweisung) „an das zuständige Gericht" abzuändern. Die Antragstellerinnen führen dazu aus, die bloße Zurückweisung ihres Konkursantrags widerspreche den Intentionen der EuInsVO. Das Erstgericht hätte ein Partikularverfahren nach Art 3 Abs 4 oder Abs 2 EuInsVO eröffnen können, zumindest aber das Verfahren an ein anderes Gericht im Anwendungsbereich der EuInsVO verweisen müssen. Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit sei eine positive Feststellung erforderlich, welches Gericht bzw zumindest welcher EU-Mitgliedstaat für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens zuständig sei.
Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.
Nach Art 3 Abs 1 EuInsVO sind für die Eröffnung des (Haupt-) Insolvenzverfahrens die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Bei Gesellschaften und juristischen Personen wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. Nach dem 13. Erwägungsgrund zur EuInsVO sollte als Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Ort gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte feststellbar ist.
Im vorliegenden Fall ist das Erstgericht aufgrund seiner Erhebungen zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Antragstellerinnen in Deutschland befindet und diese in Österreich weder eine Geschäftstätigkeit ausüb(t)en noch Dienstnehmer beschäftig(t)en noch über ein Büro oder einen sonstigen effektiven Verwaltungssitz verfüg(t)en. Der Rekurs bringt dagegen nichts vor und zielt offenbar auch nicht mehr auf die Eröffnung eines (Haupt-)Insolvenzverfahrens nach Art 3 Abs 1 EuInsVO in Salzburg ab. Er beschränkt sich vielmehr darauf, die Eröffnung eines österreichischen Partikularinsolvenzverfahrens (Art 3 Abs 2 und 4 EuInsVO) zu verlangen. Auch ein solches kommt allerdings nicht in Betracht:
Hat der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen im Gebiet eines Mitgliedstaats [hier: Deutschland], so sind die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats [hier: Österreich] gemäß Art 3 Abs 2 EuInsVO nur dann zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befugt, wenn der Schuldner eine Niederlassung im Gebiet dieses anderen Mitgliedstaats hat; die Wirkungen dieses Verfahrens sind auf das im Gebiet dieses letzteren Mitgliedstaats belegene Vermögen des Schuldners beschränkt. Nach Art 3 Abs 4 EuInsVO kann vor der Eröffnung eines [Haupt-]lnsolvenzverfahrens (Art 3 Abs 1 EuInsVO) ein Partikularverfahren nach Art 3 Abs 2 EuInsVO nur in den nachstehenden Fällen eröffnet werden:
a)falls die Eröffnung eines [Haupt-]Insolvenzverfahrens nach Art 3 Abs 1 EulnsVo angesichts der Bedingungen, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, nicht möglich ist;
b)falls die Eröffnung des Partikularverfahrens von einem Gläubiger beantragt wird, der seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in dem Mitgliedstaat hat, in dem sich die betreffende Niederlassung befindet, oder dessen Forderung auf einer sich aus dem Betrieb dieser Niederlassung ergebenden Verbindlichkeit beruht.
Wie sich aus dem Inhalt dieser Bestimmungen eindeutig ergibt, kann ein Partikularverfahrens nach Art 3 Abs 2 oder Abs 4 EuInsVO nur in einem Mitgliedstaat eröffnet werden, in dem sich eine Niederlassung des Schuldners befindet. Als solche gilt nach Art 2 lit h EuInsVO jeder Tätigkeitsort, an dem der Schuldner einer wirtschaftlichen Aktivität von nicht vorübergehender Art nachgeht, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt. Die Antragstellerinnen verfügen in Österreich über keine Niederlassung in diesem Sinne, zumal hier nach den unbestritten gebliebenen Ergebnissen des erstgerichtlichen Ermittlungsverfahrens weder eine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird noch Dienstnehmer oder Vermögenswerte vorhanden sind bzw eingesetzt werden. Selbst wenn aber eine Niederlassung in Österreich existierte, stünde der Eröffnung eines Partikularverfahrens der Umstand im Weg, dass noch kein (Haupt-)Insolvenzverfahren nach Art 3 Abs 1 EuInsVO eröffnet wurde und weder die rechtliche Unmöglichkeit der Eröffnung eines solchen Verfahrens in Deutschland ersichtlich ist noch ein Gläubigerantrag im Sinne des Art 3 Abs 4 lit b EuInsVO vorliegt.
Da sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Antragstellerin nach dem Ergebnis der erstgerichtlichen Erhebungen in Deutschland befindet, würde sich die von den Antragstellerinnen geforderte Verweisung (Überweisung) der Sache an das zuständige Gericht als eine solche ins Ausland darstellen. Eine grenzüberschreitende Überweisung mag zwar wünschenswert sein, ist jedoch derzeit weder in den österreichischen Verfahrensgesetzen (KO, ZPO, JN) noch in der EuInsVO oder den internationalen Übereinkommen und Verordnungen betreffend die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen (LGVÜ/EuGVÜ, EuGVO) vorgesehen und wird deshalb als unzulässig erachtet (Mayr in Rechberger, Kommentar zur ZPO2 [2000], § 41 JN Rz 6; Burgstaller/Neumayr in Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht II [2002], Art 25 EuGVO Rz 5; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht' [2002], Art 25 EuGVO Rz 2; Greger in Zöller, dZPO [2002], § 281 Rn 5). Die zuletzt von Burgstaller/Neumayr (Die grenzüberschreitende Überweisung in der Europäischen Union, RZ 2003, 242) aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten betreffen die spezielle Konstellation eines Zivilprozesses (übereinstimmende oder zumindest miteinander in Einklang zu bringende Parteienerklärungen) und sind auf die amtswegige Unzuständigkeitserklärung in einem Insolvenzverfahren nicht übertragbar.
Es musste daher dem Rekurs ein Erfolg versagt bleiben.
Da der erstinstanzliche Beschluss zur Gänze bestätigt wurde, ist der Revisionsrekurs nach den §§ 171 KO, 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Der Ausnahmefall der letztgenannten Gesetzesstelle (Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen) liegt nicht vor, zumal der Gesetzgeber die Zurückweisung von auf eine Verfahrenseinleitung abzielenden Anträgen im Exekutions- und Insolvenzverfahren der Klagezurückweisung bewusst nicht gleichgestellt hat, sodass auch eine analoge Anwendung dieser Ausnahme nicht in Frage kommt (OGH 28.6.1999, 3 Ob 109/99x; 8 Ob 271/99g, JBI 2000, 460; 20.3.2003, 8 Ob 244/02v; 28.8.2003, 8 Ob 74/03w, 75/03t; RIS-Justiz RS0044487 T9 und RS0112263 T1).