Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 4.5.2004 wurde über das Vermögen der im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck protokollierten H. Aktiengesellschaft & Co KG, FN 1 _ v, mit dem Sitz in Innsbruck, A. gemäß Art. 3 EuInsVO, §§ 2, 3, 11, 17 ff dInsO ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet. Zur Insolvenzverwalterin wurde Rechtsanwältin B. (Name und Anschrift entfernt - redaktionelle Bearbeitung) aus München bestellt.
Zu 1501 IN 1201/2004 ist beim Amtsgericht München zudem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. KG aA mit Sitz in D-N anhängig; letztere ist alleinige Kommanditistin der H. Aktiengesellschaft & Co KG und laut Firmenbuch zu 100% am Vermögen der KG beteiligt. Komplementärin der österreichischen KG ist die H. AG mit dem Sitz in FL-T. die jedoch reine Arbeitsgesellschafterin und am Vermögen der KG nicht beteiligt ist.
Das Amtsgericht München hat die Zuständigkeit nach Art 3 Abs 1 EuInsVO im Wesentlichen darauf gestützt, dass die verantwortliche Geschäftsleitung, die die strategische und operative Ausrichtung bestimmt, ausschließlich durch Verantwortliche der H. KG aA erfolgt. Dort sitze auch die Vertriebsleitung, die das operative Geschäft verantwortet. Die gesamte Einkaufsleistung für die österreichischen Filialen werde in Deutschland erbracht und von Ni aus entschieden und organisiert. Alle Dienstleistungen wie Personalabrechnung, Rechnungswesen, Controlling, Organisation, EDV, Planung, Vertragswesen, Versicherungen, Werbung, Ladenbau sowie Bauten und Technik würden von Verantwortlichen der H. KG aA erbracht. Da sich sämtliche für das Betriebsgeschehen erheblichen Organisationsteile am Sitz der "Muttergesellschaft" in befinden würden und dort nach außenhin erkennbar der Verwaltungsort der wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin und damit der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen liege, sei die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 3 Abs 1 EuInsVO gegeben. Die Handelsaktivitäten des Unternehmens würden von N. aus gestaltet, weshalb dadurch auch die Vermutung des Art 3 Abs 1 Satz 2 EuInsVO ausgeräumt sei, wonach dieser Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen am Ort des satzungsmäßigen Sitzes in Innsbruck vermutet würde.
Weder die antragstellende Gesellschaft noch die vorläufige Insolvenzverwalterin noch das Gericht haben sich der Frage gewidmet, inwieweit ein derartiger Mittelpunkt überhaupt begründbar ist, wenn doch die H. KG aA Kommandistin der KG ist und als solche gemäß § 170 HGB zur Vertretung der Gesellschaft gar nicht ermächtigt ist, was nach allgemeiner Auffassung als zwingender Ausschluss einer organschaftlichen Vertretung der Kommanditistin verstanden wird.
Unabhängig davon ist diese erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens in München gemäß Art 16 Abs 1 EuInsVO durch alle übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen, ohne dass es hiezu irgendwelcher Förmlichkeiten bedürfte (Art 17 Abs 1 EuInsVO). Diese Anerkennung steht allerdings der Eröffnung eines Verfahrens nach Art 3 Abs 2 EuInsVO nicht entgegen (Art 16 Abs 2 EuInsVO); in einem solchen Fall ist das Verfahren dann ein Sekundärinsolvenzverfahren im Sinne von Kapitel III der EuInsVO. Für die Eröffnung eines solchen Sekundärverfahrens durch ein nach Art 23 Abs 2 zuständiges Gericht ist in diesem anderen Mitgliedstaat die Insolvenz des Schuldners gemäß Art 27 EuInsVO nicht neuerlich zu prüfen. Antragslegitimiert ist gemäß Art 29 lit a EuInsVO u.a. der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens.
Die Gemeinschuldnerin H. Aktiengesellschaft & Co KG hat bereits seit längerem den Sitz in Innsbruck, sodass die Zuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck zweifelsohne gegeben ist. Die gemäß Art 29 lit a zur Antragstellung legitimierte Insolvenzverwalterin hat ausreichend bescheinigt, dass ein die Anlaufkosten deckendes Vermögen vorhanden ist, sodass sich auch ein Vorgehen nach Art 30 EuInsVO erübrigt.