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Zusammenfassung der Entscheidung Der österreichische Kläger buchte bei der in Deutschland ansässigen Beklagten eine Toskana-Reise. Dem Vertragsabschluss war eine Briefsendung der Beklagten samt Angebot und Werbung vorausgegangen, die den Kläger an seinem Wohnsitz in Österreich erreicht hatten. Mit der Begründung, während der Reise seien Reisemängel aufgetreten, erhob der Kläger vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Bezirksgericht Feldkirch (AT) gegen die Beklagte Klage auf Schadensersatz. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit machte er geltend, es handele sich bei der von ihm privat gebuchten Reise um eine Verbrauchersache, für die die österreichischen Gerichte an seinem Wohnsitz zuständig seien. Für den Fall, dass das Landgericht Feldkirch örtlich unzuständig sei, beantragte der Kläger beim OGH (AT) die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts im Wege der sog. Ordination.
Der OGH (AT) legt dar, dass auf die bereits vor dem Inkrafttreten der Brüssel I-VO eingereichte Klage das EuGVÜ zur Anwendung gelange. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ liegt bei Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, und die weiteren in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt sind, eine Verbrauchersache vor. Der von dem Kläger abgeschlossene Reisevertrag habe die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand und dem Vertragsabschluss sei in seinem Wohnsitzstaat ein ausdrückliches Angebot der Beklagten vorausgegangen, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. a EuGVÜ. Zudem habe der Kläger als Verbraucher auch im Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ. Es liege damit eine Verbrauchersache vor. Da die Regeln über die Verbrauchersachen des EuGVÜ die örtliche Zuständigkeit nicht regeln, bestimmt der OGH ein zuständiges Gericht.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
In der am 21. 11. 2001 beim Bezirksgericht Feldkirch eingebrachten Klage brachte der Kläger vor, er habe bei der in Deutschland ansässigen Beklagten als Reiseveranstalterin eine Toskana-Reise gebucht. Bei dieser Reise seien zahlreiche Mängel aufgetreten, die einen Ersatz in Höhe des Klagebetrages rechtfertigten. Dem Vertragsabschluss sei eine Briefsendung der Beklagten samt Anbot und Werbung vorausgegangen. Der Kläger habe mit der Reise weder berufliche noch gewerbliche Zwecke verfolgt. Es sei daher nach „Maßgabe der Rechtslage“ die internationale Zuständigkeit Österreichs als Wohnsitzstaat des Klägers gegeben. Für den Fall, dass sich das Bezirksgericht Feldkirch für örtlich unzuständig erachte, stellte der Kläger einen Ordinationsantrag gemäß § 28 JN.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23. 5. 2005 sprach das Bezirksgericht Feldkirch seine örtliche Unzuständigkeit aus und legte den Ordinationsantrag des Klägers dem Obersten Gerichtshof vor. Das Bezirksgericht Feldkirch stellte in seiner Unzuständigkeitsentscheidung fest, dass die Annahme des Anbots der Beklagten (Buchungsauftrag) von Österreich aus erfolgte. Ferner wurde festgestellt, dass sich der Kläger in *****, Österreich, in der Absicht, dort seinen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, niedergelassen hatte.
Der Ordinationsantrag ist ausgehend von den grundsätzlich maßgeblichen (§ 41 Abs. 2 JN) Klageangaben in Verbindung mit den Feststellungen des Bezirksgerichtes Feldkirch in der Unzuständigkeitsentscheidung berechtigt.
Nach Art. 13 Abs. 1 Z 3 des hier noch anzuwendenden EuGVÜ (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO) bestimmt sich für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, die Zuständigkeit – unbeschadet des Art. 4 und des Art. 5 Z 5 – nach dem 4. Abschnitt des Übereinkommens, wenn dieser Vertrag die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (lit. a) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen (lit. b). Der Begriff des Verbrauchers ist dabei vertragsautonom zu bestimmen (8 Nd 508/01; 10 Nd 501/02 uva). Von der erforderlichen Privatbezogenheit ist – ebenso wie vom Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit – auszugehen.
Da somit eine Verbrauchersache im Sinne der Art. 13 ff EuGVÜ vorliegt und Art. 14 dieses Übereinkommens für die Zuständigkeit primär auf den Wohnsitz des Verbrauchers abstellt, war mangels eines zuständigen inländischen Gerichtes für die Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 JN das Wohnsitzbezirksgericht des Klägers als örtlich und sachlich zuständiges Gericht zu bestimmen (8 Nd 508/01; 10 Nd 501/02; siehe auch RIS-Justiz RS0112279).